Berlin (KNA) Der Großimam und Scheich der al-Azhar-Universität Kairo, Ahmad al-Tayyib, sieht die Religionen als Friedensstifter in der Pflicht. “Erst wenn die Religionen untereinander in Frieden leben, können auch die Völker in Frieden leben”, erklärte er bei einer Begegnung mit Vertretern der katholischen Kirche in Berlin, wie die Deutsche Bischofskonferenz am Dienstag mitteilte.
Der Vorsitzende der Unterkommission Interreligiöser Dialog der Bischofskonferenz, Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, unterstrich bei dem Treffen die Notwendigkeit des Dialogs zwischen Christen und Muslimen: “Wir sind gemeinsam in der Pflicht, eine Friedensmacht zu sein, die die Herzen der Menschen erreicht und Versöhnung stiftet”.
An der Begegnung am Montagabend im Katholischen Büro nahmen auch der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, der Botschafter der Republik Ägypten, Badr Ahmed Mohamed Abdelatty, der Münsteraner Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide sowie die Vertreter der Bevollmächtigten der katholischen und der evangelischen Kirche bei der Bundesregierung sowie weitere Experten der evangelischen und orthodoxen Kirchen teil.
Jaschke zitierte Worte von Papst Benedikt XVI.: “Der interreligiöse und interkulturelle Dialog zwischen Christen und Muslimen darf nicht auf eine Saisonentscheidung reduziert werden, denn er ist eine vitale Notwendigkeit, von der zum großen Teil unsere Zukunft abhängt.” Auch erinnerte der Weihbischof an Lernerfahrungen der Christen in ihrer Geschichte: Kirche und Staat stellten zwei Ordnungen dar, die sich gegenseitig begrenzten. Besondere Aufmerksamkeit lenkte er auf die vor 50 Jahren verabschiedete Konzilserklärung Nostra aetate, in der die katholische Kirche ihr Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen dargelegt hat.
Dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) zufolge sind Christen den Muslimen in Hochachtung verbunden, in der Anerkennung ihrer Frömmigkeit und ihres Gottesglaubens. Auch habe die katholische Kirche auf dem Konzil ein eindeutiges Bekenntnis zur Religionsfreiheit abgelegt, betonte Jaschke: “Jeder Mensch muss das Recht haben, sich frei zum Glauben zu bekennen.”
In der Begegnung wurde laut Mitteilung auch die Rolle der Muslime in Deutschland erörtert. Die christlichen Teilnehmer nannten es demnach ein “Herzensanliegen, dass die Muslime in gleicher Weise an der deutschen Gesellschaft teilhaben können wie die Christen”. Ein wichtiger Baustein dafür sei die Einrichtung islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen.
Al-Tayyib hält sich derzeit zu Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Kirchen in Deutschland auf und soll am Abend im Bundestag sprechen. Am Donnerstag wird er gemeinsam mit Jaschke zu einer Konferenz der Weltreligionen an der Universität Münster erwartet. Der oberste ägyptische Imam ist traditionell der Leiter der Moschee der al-Azhar-Universität und gilt als eine der führenden Autoritäten in der muslimischen Welt. (KNA – qknlp-89-00037)