Bonn (KNA) Bei der Integration von Muslimen steht Deutschland nach den Worten von Grünen-Chef Cem Özdemir vor geänderten Aufgaben. “Der Islam, mit dem ich aufgewachsen bin, ist ein Islam der Toleranz. Die Generation meiner Eltern wurde erfolgreich integriert, und jetzt stehen wir vor einer neuen Herausforderung”, sagte Özdemir in der Sendung “Conflict Zone”, die mittwochs im englischsprachigen Fernsehprogramm der Deutschen Welle ausgestrahlt wird. “Am Ende des Tages wird dieses Land es schaffen.”
Özdemir warnte außerdem davor, dass “sich nichts ändern wird, solange wir nicht über die tieferen Ursachen für die Flucht der Menschen aus ihren Ländern sprechen”. Er warb für “so etwas wie einen Marshall-Plan für Nordafrika”. Dann könne man etwas erreichen.
Der Grünen-Politiker kritisierte mit Blick auf die Türkei das Verhalten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie habe 2005 Verhandlungen mit dem Land über einen EU-Beitritt gestoppt “in dem Moment, als sich die Türkei auf gutem Weg zu Reformen befand”. Merkel habe die Türkei erst dann wiederentdeckt, “als sie sie wegen der Flüchtlingskrise brauchte. Das war ein großer Fehler.” Das Abkommen der Kanzlerin mit der Türkei habe er “scharf kritisiert”, sagte Özdemir. “Der Preis ist zu hoch, wenn wir nicht über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei sprechen”. Zugleich verteidigte Özdemir die Entscheidung Merkels, die deutschen Grenzen im vergangenen Jahr für syrische Flüchtlinge zu öffnen. “Zu dem Zeitpunkt gab es keine andere Möglichkeit.”
Er pochte aber auf eine europäische Lösung: Vieles wäre einfacher, “wenn die EU-Länder sich auf ein System zur Verteilung der Flüchtlinge verständigt hätten”. Özdemir räumte allerdings auch ein, dass Deutschland einer gemeinsamen Lösung gegenüber nicht immer offen gewesen sei. Vor einigen Jahren habe man es nicht für nötig gehalten, Italien und Griechenland bei nationalen Problemen zu helfen.
(KNA – qkomr-89-00061)