Düsseldorf (KNA) Die Präventionsmaßnahmen gegen den gewaltbereiten Salafismus sollen in Nordrhein-Westfalen künftig verstärkt auf Minderjährige ausgeweitet werden. Jüngste Entwicklungen zeigten, dass die Radikalisierung Jugendlicher durch Islamisten immer früher beginne, erklärte NRWInnenminister Ralf Jäger (SPD) am Freitag in Düsseldorf. “Die Sozialarbeiter müssen sich stärker um Jüngere kümmern.” Bereits Zehn- bis Zwölfjährige müssten bei Auffälligkeiten intensiv betreut werden.
Deshalb müsse darüber nachgedacht werden, womöglich das gesetzliche Speicherungsverbot des NRW-Verfassungsschutzes für Minderjährige aufzuheben.
Die aktuelle Diskussion wurde durch den Bombenanschlag auf einen Sikh-Tempel in Essen ausgelöst, den am 16. April zwei 16-jährige Deutsch-Türken aus der Salafisten-Szene begangen haben sollen. Dabei wurden drei Menschen zum Teil schwer verletzt. Einer der beschuldigten Jugendlichen wurde bis zuletzt in dem Präventionsprogramm “Wegweiser” betreut, nachdem er an seiner Gelsenkirchener Schule wegen Verherrlichung der Terror-Organisation “Islamischer Staat” (IS) aufgefallen war. Jäger erklärte, die beiden mutmaßlichen Attentäter seien nicht im Elternhaus oder in der Moschee, sondern durch gleichaltrige Freunde und vor allem im Internet radikalisiert worden.
Der Innenminister trat dafür ein, der Internet-Propaganda im Netz von staatlicher Seite Paroli zu bieten. Dies müsse aber “humorvoll, sarkastisch, provozierend und authentisch” geschehen. Bisherige Aufklärungs-Angebote öffentlicher Institutionen seien für Kinder und Jugendliche zu langweilig und langatmig. Es seien bereits Kontakte zur Blogger-Szene geknüpft worden, um mit staatlichen Informationen jugendgemäß in den sozialen Netzen agieren zu können. “Wir brauchen eine bundesweite Strategie, damit die Botschaft der Salafisten nicht die lauteste ist im Internet”, sagte Jäger.
Nach Angaben des NRW-Verfassungsschutzes leben von den bundesweit 8.500 Salafisten etwa 2.700 Anhänger in NRW. Bundesweit gelten 1.200 der Personen als gewaltbereit, in NRW 620. Rund ein Fünftel der Salafisten in NRW (21 Prozent) ist laut Jäger unter 21 Jahren alt, fünf Prozent sind jünger als 18 Jahre. Die Anzahl der minderjährigen Aktivisten hat sich nach den Beobachtungen der Sicherheitsbehörden alleine 2015 verdoppelt. Von den 850 Moscheevereinen in NRW sind gegenwärtig annähernd 30 wegen salafistischer Umtriebe im Visier des Verfassungsschutzes.
(KNA – qkomt-89-00131)