Bonn (KNA) Das von NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) angeregte Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren sorgt weiter für Diskussionen.
Unter anderem begrüßen Lehrerverbände den Vorschlag, während der Präsident der Kultusministerkonferenz und der Islamrat sich dagegen aussprechen.
Heinz-Peter Meidinger, Chef des Deutschen Lehrerverbandes, sagte der “Bild”-Zeitung (Montag), ein Kopftuchverbot würde dazu beitragen, Diskriminierung aus religiösen Gründen und antireligiösem Mobbing zumindest tendenziell den Boden zu entziehen. Er forderte, eine “bewusste Demonstration religiöser Symbole bei religionsunmündigen Kindern” zu unterlassen. An weiterführenden Schulen sei dies aber etwas anders.
Der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland, Ali Ertan Toprak, begrüßte den Vorschlag: “Es geht hier um eine Abwägung zwischen dem Erziehungsrecht und dem Kindeswohl. Staat und Gesellschaft sind unbedingt verpflichtet, dem Kindeswohl Vorrang zu geben.” Vor allem Kleinkinder müssten “vor dem religiösen Totalitarismus der Eltern geschützt werden”.
Seyran Ates, Gründerin der Liberalen Moschee in Berlin, bezeichnete den Vorstoß als “längst überfällig”. Islam-Experte Ahmad Mansour sagte: “Ein Kopftuch für ein Kind ist eine Form von Missbrauch.” Ein Verbot ermögliche Kindern, ideologiefrei aufzuwachsen.
Der Lehrbeauftragte am Bochumer Centrum für Religionswissenschaftliche Studien und GrünenPolitiker Volker Beck hält gesetzliche Kopftuchverbote dagegen nicht für sinnvoll. Aber vielleicht müsse man bei vorpubertären Mädchen doch nachfragen, ob dahinter bereits ein religiöses Motiv stecke. Hier sollte aus seiner Sicht unbedingt das Gespräch mit den Eltern und mit den islamischen Verbänden gesucht werden.
Der stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), Haci Halil Uslucan, beobachtet die Debatte mit gemischten Gefühlen. Muslime könnten sich weiter ausgegrenzt fühlen. Allerdings sehe er die Gefahr, dass religionsunmündige Mädchen durch Eltern so erzogen werden könnten, dass sie später das Kopftuch nicht mehr hinterfragten, sagte der Entwicklungspsychologe der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), Thüringens Kultusminister Helmut Holter (Linke), sprach sich gegen ein Kopftuchverbot aus. “Alle Kinder sollen sich zu freien und selbstbestimmten Individuen entwickeln können”, sagte er.
Der Vorsitzende des Islamrates, Burhan Kesici, nannte die Debatte “populistisch, symbolgeladen und inhaltsleer”. Die Vorstellung, muslimischen Mädchen würde das Kopftuch aufgezwungen, sei überholt: “Kopftuchzwang und Kopftuchverbot schlagen in dieselbe Kerbe: Beide entmündigen Musliminnen.”
Stamp hatte vorgeschlagen, “das Tragen des Kopftuchs bis zur Religionsmündigkeit, also dem 14. Lebensjahr, zu untersagen”. Anfang April war bekanntgeworden, dass Österreich plant, Mädchen in Kindergärten und Grundschulen künftig ein Kopftuch zu verbieten.
(KNA – skokt-89-00149)