Berlin (KNA) Die für Mittwoch geplante Solidaritätskundgebung “Berlin trägt Kippa” stößt auf große Resonanz.
Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte im rbb, er habe das Gefühl, die Gesellschaft verstehe inzwischen, “dass wir auch an einem gewissen Wendepunkt angekommen sind.” Auf die Frage “Kippa trotzig tragen oder doch verbergen?” antwortete Schuster: “Trotzig bekennen wäre im Prinzip der richtige Weg.” Trotzdem würde er Einzelpersonen davon abraten müssen, sich im großstädtischen Milieu offen mit einer Kippa zu zeigen.
Nach dem antisemitischen Angriff auf einen 21-jährigen Israeli, der die traditionelle jüdische Kopfbedeckung trug, vor einer Woche im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg hat die Jüdische Gemeinde für Mittwoch um 18 Uhr zu einer Kundgebung vor ihrem Gemeindehaus in Berlin-Charlottenburg aufgerufen. Dort sollen unter anderem der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), Zentralratspräsident Schuster und der evangelische Bischof Markus Dröge sprechen. Auch vor dem Kölner Dom, in Potsdam und in Erfurt sind ähnliche Kundgebungen gegen Antisemitismus geplant.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) erklärte: “Es kann nicht sein, dass Juden auf offener Straße wegen des Tragens der Kippa beschimpft werden.” Juden müssten in Deutschland sicher leben können, “das ist nicht verhandelbar”, so die Ministerin. Zudem müsse die Prävention verstärkt werden. “Wenn jemand auf dem Schulhof ‘Du Jude, du Opfer’ ruft, muss die Schule sofort reagieren.”
Unterdessen hat der Zentralrat der Muslime in Deutschland den Antisemitismus als Sünde bezeichnet und ein engagiertes Eintreten des Verbandes gegen Judenfeindlichkeit unter Flüchtlingen zugesagt. “Antisemitismus, Rassismus und Hass sind große Sünden im Islam, deshalb werden wir das auch niemals dulden”, sagte Zentralratspräsident Aiman Mazyek der in Düsseldorf erscheinenden “Rheinischen Post”. Auch die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) forderte, die Gesellschaft müsse “rassistischen Bestrebungen gemeinsam die Stirn bieten”.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte unterstützt ebenfalls die Solidaritätsaktion. Direktorin Beate Rudolf betonte: “Jeder Mensch in Deutschland hat das Recht, sich in der Öffentlichkeit zu seiner Religion zu bekennen, ohne verbale oder körperliche Angriffe befürchten zu müssen.” Das sei wesentlicher Bestandteil der Religionsfreiheit.
Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) sprach sich noch einmal für eine stärkere Kontrolle von Moscheegemeinden mit Blick auf mögliche antisemitische Haltungen aus. Der religionspolitische Sprecher der FDP, Stefan Ruppert, bekundete Unterstützung seiner Fraktion für “Berlin trägt Kippa” und fügte hinzu: “Ziel und Anspruch muss es sein, dass niemand in unserem Land Angst haben muss, seinen Glauben auszuleben.”
Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter sowie Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) kündigten ihre Teilnahme an der Solidaritätskundgebung an.
(KNA – skomo-89-00150)