Liebe Leserinnen und Leser,
am 21. Januar 2018 hat die Türkei auf dem Staatsgebiet von Syrien eine Militäroffensive gegen die Kurden in Afrin begonnen. Das macht die Lage in Syrien noch dramatischer und sorgt für kontroverse Diskussionen und Auseinandersetzungen zwischen Türken und Kurden, auch hier in Deutschland. Schlimm, dass dieser politische Konflikt durch die türkische Religionsbehörde (Diyanet) auch eine religiöse Dimension erhält und in diesem Zusammenhang sogar von Dschihad gesprochen wird. Derweil besuchte eine Gruppe von AfD-Politikern die syrische Hauptstadt Damaskus. Die Delegation sprach mit dem regimetreuen syrischen Großmufti Ahmad Badreddin Hassoun. Es ist nicht nachvollziehbar, wenn solche Politiker im eigenen Land eher gegen den Islam und Muslime Stimmung machen, aber sich in einer Krisenregion mit einem Mufti von zweifelhaftem Ruf treffen. Es wäre hilfreicher, wenn diese Delegation zuerst muslimische Einrichtungen oder Flüchtlingsunterkünfte besuchen würden, die Ziele von Anschlägen in Deutschland geworden sind. Hier gilt es Solidarität zu bekunden! Denn laut Bundesinnenministerium gab es im Jahr 2017 erschreckende 950 Angriffe auf muslimische Einrichtungen und 2219 Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte. Die zivile Gesellschaft ist gefragt, sich couragierter vor benachteiligte Gruppen zu stellen und Solidarität zu zeigen. Die Sicherheitsbehörden sind mehr denn je gefordert für Recht und Ordnung zu sorgen.
Die Religionen bzw. Religionsvertreter sollten nicht zum Krieg aufrufen, sondern sich für den Frieden einsetzen. Das ist auch Thema und Wunsch in den interreligiösen Begegnungen der letzten Jahre gewesen. Religionen können eine Brücke zum Frieden werden und dabei helfen, dass dieser Friede eintreten kann. Hierzu sollten die Religionsvertreter jegliche Verletzung der Menschenwürde und Menschenrechte brandmarken und alle Formen von Hass im Namen der Religion aufdecken und zurückweisen. Nach christlicher Überzeugung ist der Name Gottes heilig, „er ist Gott des Friedens, Gott salam“, sagte Papst Franziskus am 24.4.2017 während der Pastoralreise nach Ägypten. „Deshalb ist nur der Frieden heilig und es kann im Namen Gottes keine Gewalt verübt werden, weil sie Seinen Namen verunehren würde.“ Nach christlicher Auffassung führt die Inanspruchnahme Gottes für das je eigene nationale Anliegen im Krieg dazu, die Plausibilität des Glaubens an den einen barmherzigen Schöpfergott zu unterminieren.
In eigener Sache darf ich an dieser Stelle über personelle Änderungen in unserer Einrichtung berichten. Unsere islamwissenschaftliche Referentin, Frau Dr. Nora Kalbarczyk, hat Ende 2017 eine neue Stelle als Referatsleiterin Naher und Mittlerer Osten beim KAAD aufgenommen. Wir sagen Danke, vergelt’s Gott für die gute Zusammenarbeit und wünschen weiterhin viel Erfolg!
Seit 1. Februar hat Herr Florian Jäckel die Nachfolge von Frau Kalbarczyk bei CIBEDO angetreten und wird u. a. die Redaktionsleitung der Zeitschrift übernehmen. Er promoviert zu Vorstellungen vorgeburtlichen Lebens bei dem syrisch-christlichen Gelehrten Barhebräus im Rahmen des Forschungsprojekts „Contemporary Bioethics and the History of the Unborn in Islam“. Damit bringt er spannende neue Aspekte für unsere Arbeit mit. Das CIBEDO-Team freut sich auf die Zusammenarbeit.
Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre des Heftes!
Dr. Timo Güzelmansur
Inhalt
Studien
Neue Strukturen für den interreligiösen Dialog – Kommission „Weltreligionen“ der Österreichischen Bischofskonferenz
Burkhard Josef Berkmann
Der ibaditische Islam als Modell einer islamischen Toleranz?
Andreas Renz
„Haus des Krieges“ oder „Haus des Islams“? Zeitgenössische muslimische Perspektiven auf Europa und die Anwendbarkeit traditioneller islamischer Territorialkategorien im 21. Jahrhundert
Sarah Albrecht
Dokumentation
„Friede ist zugleich ein Geschenk Gottes und eine Errungenschaft der Menschen“
Grußadresse von Papst Franziskus an eine Delegation von „Religions for Peace“, 18. Oktober 2017
Kein Anspruch auf Einführung islamischen Religionsunterrichts
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 09. November 2017
„Heranbildung einer Kultur der Begegnung, des Dialogs und der Zusammenarbeit“
Ansprache von Papst Franziskus in Dhaka, 01. Dezember 2017
„Das Heilige Land ist für uns Christen das Land des Dialoges zwischen Gott und der Menschheit schlechthin“
Grußworte von Papst Franziskus an eine palästinensische Delegation im Vatikan, 06. Dezember 2017
Migranten und Flüchtlinge: Menschen auf der Suche nach Frieden
Auszüge aus der Botschaft von Papst Franziskus zur Feier des Weltfriedenstags, 01. Januar 2018
Zum Tod von Maurice Borrmans
Hans Vöcking
Berichte
Erinnerte Zukunft
Thomas Würtz
Religion und Gewalt
Sebastian Prinz
In Kooperation lehren, in Begegnung lernen
Hakkı Arslan, Jörg Ballnus, Theresa Beilschmidt, Michael Schober, Martin Schreiner, Christiane Schubert
„Pionierarbeit“
Drea Fröchtling
„Engagement in der Flüchtlingsarbeit mit und für Muslime“
Ottilie Bitschnau
Buchbesprechungen
Christian Ströbele, Mohammad Gharaibeh, Tobis Specker und Muna Tatari (Hg.): Kritik, Widerspruch, Blasphemie. Anfragen an Christentum und Islam
Gabriele Lautenschläger
Sarah Jahn: Götter hinter Gittern. Die Religionsfreiheit im Strafvollzug der Bundesrepublik Deutschland
Matthias Böhm
Literaturhinweise
Zeitschriftenschau