Kirchen beziehen Position vor Wahl in Malaysia. Von Michael Lenz (KNA).
Kuala Lumpur (KNA) Das mehrheitlich islamische Malaysia wählt am 9. Mai ein neues Parlament. Für Christen und andere religiöse Minderheiten steht dabei viel auf dem Spiel: Bleiben Premierminister Najib Razak und seine nationalkonservativ-islamische Partei (UMNO) an der Macht, könnte die Religionsfreiheit in Gefahr geraten. Doch der 64-Jährige ist in eine Korruptionsaffäre verstrickt, die international für Aufsehen sorgt. Im Zentrum des Skandals stehen verschwundene Milliardenbeträge des Staatsfonds 1MDB und rund 700 Millionen Dollar, die in diesem dubiosen Zusammenhang auf einem Privatkonto des Premierministers auftauchten.
Der Haltung der Kirchen des südostasiatischen Landes ist indes klar. “Nur solche Kandidaten und Parteien sollten gewählt werden, die für den Rechtsstaat, die Einhaltung der Verfassung und die Garantie der Religionsfreiheit einstehen”, forderte der katholische Erzbischof Julian Leow Beng Kim von Kuala Lumpur in einem Hirtenbrief. Und der Dachverband der christlichen Kirchen Malaysias rief in einer Erklärung mit dem Titel “Wählt weise für ein besseres Malaysia” zum Gebet “für freie und faire Wahlen” auf.
Die Botschaft hinter diesen Aufrufen: Die Kirchen befürworten eine Abwahl des Regierungschefs. Denn dessen Regierung hält weder die vom Erzbischof genannten Grundsätze noch das Prinzip freier und fairer Wahlen ein. Oppositionskandidaten wurden auf fragwürdige Weise disqualifiziert, ein Politiker gar gewaltsam an der Abgabe der für die Kandidatur notwendigen Dokumente gehindert. Ein ominöses Gesetz gegen “Fake News” brachte überdies zahlreiche Regierungskritiker zum Schweigen, und ein kurz vor der Wahl erfolgter Neuzuschnitt der Wahlkreise begünstigt die Regierungskoalition Barisan Nasional (BN).
Die Opposition in Malaysia will im Falle eines Wahlsiegs den 92 Jahren alten ehemaligen Premierminister Mahathir Mohamad zum Interims-Premier küren. Er soll das Land so lange regieren, bis der wegen Homosexualität zu einer Haftstrafe verurteilte Anwar Ibrahim den Posten übernehmen kann. Dieser Deal gilt als politische Sensation. Die Versöhnung von Mahathir und Anwar markiert das Ende eines erbitterten Streits zwischen den beiden Spitzenpolitikern, der jahrelang die malaysische Politik prägte.
1998 war Anwar vom damaligen Premier Mahathir als Vizepremier und Finanzminister entlassen worden. Zudem wurde er wegen angeblicher Homosexualität zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. 2015 wurde Anwar unter der Regierung von Najib Razak ein weiteres Mal durch eine Verurteilung wegen Homosexualität politisch kaltgestellt.
Die dominierende UMNO spielt derweil zur Machtsicherung die ethnisch-religiöse Karte, hetzt die islamische Mehrheitsbevölkerung der Malaien gegen die christlichen, buddhistischen, hinduistischen Malaysier chinesischer und indischer Abstammung auf. Prominentestes Beispiel für die Kampagne gegen Christen ist der “Allah-Fall”. Die Regierung hatte mit Hilfe der Justiz Christen den Gebrauch des Wortes “Allah” in ihren Schriften verboten.
Die UMNO kooperiert im Wahlkampf mit der islamistischen Partei PAS, die eine Einführung des
Schariarechts in Malaysia fordert und im Falle eines knappen Wahlausgangs das Zünglein an der Waage werden könnte. Auf Betreiben der PAS musste vor wenigen Wochen Bischof Anthony Bernard Paul von Melaka-Johor ein Wahlrundschreiben auf seiner Website löschen.
Darin hatte der Geistliche geklagt, eine “saubere” Regierung” gebe es ebenso wenig wie eine saubere Justiz oder saubere Wahlen. “Es gibt aber einen Schrei nach Wechsel, nach Anstand und nach der Wiedererlangung unserer verlorenen Würde und unseres verlorenen Stolzes.” Laut der Propaganda von UMNO und PAS ist Regierungskritik jedoch gleichbedeutend mit Kritik am Islam und einem Aufruf zum Aufruhr.
(KNA – skpkq-89-00021)