Berlin (KNA) Nach der Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee in Köln durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wächst der Druck auf den deutsch-türkischen Moscheeverband. Politiker aus Koalition und Opposition verlangten am Montag einen Kurswechsel. Offen bleibt einstweilen, ob der Verfassungsschutz die Ditib beobachten will.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), forderte die Ditib auf, sich von der türkischen Regierung zu lösen. “Wenn religiöse Verbände Teil von Deutschland werden wollen, müssen sie sich eigene Strukturen in Deutschland geben und können nicht Teil von Ankara bleiben”, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). Ähnlich äußerte sich die Vorgängerin von Widmann-Mauz, Aydan Özoguz (SPD), in der “Welt” (Montag).
“Wer nicht als Religionsorganisation handelt, sondern als politischer Arm eines autokratischen Staatspräsidenten und unter wessen Dach Oppositionelle und Kritiker Erdogans bespitzelt werden, kann künftig kaum unser Kooperationspartner sein”, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), der “Welt”.
Middelbergs SPD-Amtskollege Burkhard Lischka nannte die Ditib einen treuen Außenposten Erdogans in Deutschland. Es lägen “gewichtige Hinweise dafür vor, dass Ditib willfährig Bespitzelungen von türkischen Oppositionellen in unserem Land vornimmt”.
Die Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) ist der größte islamische Verband in der Bundesrepublik. Sie vertritt nach eigenen Angaben mehr als 960 formell selbstständige Mitgliedsvereine, deren religiöse, soziale und kulturelle Tätigkeiten sie koordinieren will.
Der langjährige Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck forderte die Verantwortlichen auf, klare Kante zu zeigen. Die Ditib habe sich “in den letzten Jahren nicht in Richtung einer muslimischen Religionsgemeinschaft in Deutschland, sondern eher zu einem identitären Diasporaverein entwickelt”. Das trage zur Polarisierung der türkischstämmigen Gemeinde bei, so Beck, der Lehrbeauftragter am Centrum für religionswissenschaftliche Studien der Ruhruniversität Bochum ist.
Die Vizefraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sevim Dagdelen, kritisierte, die Ditib habe sich zu einem “islamistischen Propagandainstrument Erdogans in Deutschland” entwickelt. Bund und Länder müssten daher “endlich” ihre Unterstützung und Kooperation einstellen. Das forderte auch die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Linda Teuteberg. Der innenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Gottfried Curio, warf der Ditib eine “Verfestigung islamischer Parallelgesellschaften in Deutschland” vor.
Kritik kam auch aus der Stadt Köln. “Ich werde der Ditib ganz klar sagen, dass sie wieder eine stabile Verbindung in die Stadtgesellschaft aufbauen muss”, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) dem “Kölner Stadt-Anzeiger”. Auch im Moschee-Beirat, der den Bau des Gotteshauses begleitet hatte, scheine ihr “an vielen Stellen das Tischtuch zerschnitten”.
Nordrhein-Westfalens Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) rief im “Kölner Stadt-Anzeiger” dazu auf, zu einem “konstruktiven Dialog” zurückzufinden.
(KNA – slkkl-89-00082)