Berlin (KNA) Der FDP- Vorsitzende Christian Lindner dringt auf eine intensivere Unterstützung für liberale Muslime in Deutschland. Die deutsche Gesellschaft müsse “den liberalen Vertretern des Islam den Rücken stärken und Gehör schenken”, sagte Lindner der “Zeit”-Beilage “Christ & Welt” (Donnerstag).
Leider seien die liberalen Muslime “nicht so gut organisiert. Es sind eher Einzelpersonen, die innerhalb der islamischen Community für neues Denken argumentieren”, erklärte der Parteichef. Er fürchte zudem, dass der Anteil der liberalen Muslime “durch die Migrationsbewegungen der letzten drei Jahre gesunken ist”. Bei sehr frommen Muslimen, so Lindner, gebe es “oft eine Nähe auch zu autoritären Vorstellungen in der Politik”.
Er finde es gut, wenn säkulare und liberale Muslime häufiger auf Konferenzen vertreten wären, so Lindner. Die Debatte über die Ausrichtung des Islam müsse aber jeder Einzelne führen, nicht der Staat. “Ich darf den Verkäufer hinter der Theke an meinem Kiosk fragen. Und ich darf meinen Nachbarn oder meinen Taxifahrer fragen, ob er mich als Ungläubigen sieht, der verachtet wird. Solche Diskussionen sind notwendig”, betonte der Politiker.
Insbesondere sieht Lindner die Muslime selbst gefragt. “Ich vergleiche das mit den Debatten über die katholische Kirche und ihre Dogmen in den Fünfziger- und Sechzigerjahren.” Der Ruf nach Erneuerung sei damals nicht von der Regierung, sondern aus der Mitte der Gesellschaft gekommen. “Und am Ende war die Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine andere. Schon klar: Im Islam ist ein solches Aggiornamento schwerer zu erreichen, weil es keine einheitliche Lehrmeinung gibt.”
Er wundere sich, wie zurückhaltend viele in der aktuellen Debatte seien, sagte Lindner weiter: “Gerade die politische Linke und die Frauenbewegung, die so vehement gegen die katholische Kirche diskutiert haben, sind bei konservativen Muslimen debattenscheu.” Man höre fast nur konservative Politiker, die sich regelrecht am Islam abarbeiteten und das Christentum zur Staatsreligion ausrufen wollten. Er finde es indes “rätselhaft”, wenn erklärt werde, dass der Islam zu Deutschland gehöre oder eben nicht”: “Es gibt ja gar nicht ‘den Islam'”, so der FDP-Chef.
Quelle: KNA
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