Liebe Leserinnen und Leser,
die Dialogarbeit der katholischen Kirche in Deutschland bekam vor 40 Jahren eine institutionelle Verankerung durch die Gründung unserer Einrichtung CIBEDO. Dieses 40-jährige Bestehen war auch der Anlass für den Festakt, den CIBEDO am 19. Oktober 2018 in Berlin ausgerichtet hat. Es bot sich die Gelegenheit, die Idee und den Sinn des Dialogs nochmals in den Mittelpunkt zu stellen und einen Rahmen zu bieten für die erneute Begegnung der Dialogakteure. Die Würdigung unserer Dialogbemühungen geschah auf zweifache Weise: einerseits durch die Grußworte und Beiträge des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Reinhard Marx, Msgr. Khaled Akasheh vom Päpstlichen Rat für den Interreligiös en Dialog und der Vertreter der islamischen Theologie und der Organisationen in Deutschland, andererseits durch die vielen Kolleginnen und Kollegen, die den Weg in das katholische Tagungszentrum Aquino nach Berlin gefunden haben.
Der Bundespräsident ber ichtete von einer neuen Initiative, seine Moabiter Nachbarn zu einer deutsch türkischen Kaffeetafel einzuladen. Er schilderte die Normalität, mit der sich eine junge Frau mit den Worten „Ich bin Deutsch und ich bin Muslima.“ vorgestellt habe.Es ist heute eine gelebte Wirklichkeit, dass Menschen verschiedener religiöser Traditionen in Deutschland heimisch geworden sind. Daher schärfte er ein und ermutigte: „Statt endlos darüber zu diskutieren, ob der Islam zu Deutschland gehört, sollten wir uns vielleicht als Christen untereinander und mit unseren muslimischen Nachbarn darüber unterhalten, wie es Christentum und Islam gelingen kann, auf die Fragen der jungen Menschen, die ja drängender werden, die richtigen und überzeugenden Antworten zu finden.“
Kardinal Marx machte den Dialogakteuren Mut angesichts der vielen Herausforderungen, die es im christlichislamischen Dialog zu meistern gilt. Sie sollen nicht resignieren, sondern weiterhin vorangehen, entsprechend des Mottos von CIBEDO „mit Klugheit und Liebe“. Ohne Freundschaft gibt es kein Verstehen! Wenn wir einen Dialog führen, sollen wir uns daher wirklich auf den Anderen einstellen und uns bemühen, nicht nur das zu suchen, was bei ihm schlecht ist, sondern das, was beim Anderen gut ist, was stark ist, es herausholen und sehen. Das ist Freundschaft. Und so könnte Dialog gelingen. Eine weitere Komponente, die für das Gelingen des Dialogs notwendig ist, ist die kritische Reflexion der eigenen Quellen und Traditionen. Daher passt es gut, dass wir in dieser Ausgabe der CIBEDO-Beiträge eine Erklärung der indonesisch-islamischen Jugendbewegung Ansor in deutscher Übersetzung abdrucken. Zwei Studien dieser Ausgabe begleiten das Dokument. Die Ansor-Erklärung wurde bereits 2017 in englischer Sprache veröffentlicht, scheint aber im internationalen Kontext für wenig Aufmerksamkeit zu sorgen – obwohl sie von der Jugendorganisation der mitgliederstärksten muslimischen Gruppierung weltweit initiiert wurde. Dabei sind die zentralen Punkte der Erklärung, die nach einer Neukontextualisierung islamischen Lebens rufen, wegweisend und sparen nicht an reflektierter Kritik an der eigenen Religion. Wir hoffen, dass die Erklärung in Deutschland und darüber hinaus zur Debatte anregt!
Möge die Lektüre dieses Heftes Ihnen viel Freude bereiten!
Ein fröhliches und besinnliches Weihnachtsfest und „einen guten Rutsch“ ins neue Jahr 2019 wünscht
Ihr Dr. Timo Güzelmansur
Inhalt
Studien
Indonesiens religiöser Pluralismus im Kontext der „konservativen Wende“ und die Ansor-Erklärung über einen „Islam der Menschlichkeit“
Timo Duile
Interreligiöser Dialog in Indonesien. Ein Einblick in das Engagement institutioneller, akademischer und zivilgesellschaftlicher Akteure
Simone Sinn
Militärseelsorge für Muslime in der Bundeswehr. Eine Skizze
Thomas R. Elßner
Dokumentation
Ansprache von Papst Franziskus am Ende des ökumenischen Nahost-Friedenstreffens in Bari
Samstag, 7. Juli 2018
„Alle Menschen, ohne Unterschied, sind Geschöpfe Gottes“ Grußbotschaft der Deutschen Bischofskonferenz zum Muharrem-Fasten und Aşure-Fest 2018,
Bischof Dr. Georg Bätzing
Erklärung der indonesischen Jugendbewegung Ansor zum Humanitären Islam „Auf dem Weg zur Rekontextualisierung islamischer Lehren im Sinne des Weltfriedens und der Eintracht zwischen den Kulturen“
Berichte
Religionen für biologische Vielfalt Bericht eines Projekts des Abrahamischen Forums e. V.
Julia Wolter
Erfahrungen und Perspektiven muslimischer Notfallbegleitung Fachtagung der CIG in Kooperation mit EKiR und KSI, Siegburg, 25.–27. April 2018
Thomas Lemmen
Migration, Religion, Gender – Was trägt die Pastoral zur Integration bei? Fachtagung der Arbeitsstellen für Frauenund für Männerseelsorge der DBK, Berlin, 10.–12. September 2018
Andreas Heek, Lydia Koelle und Jürgen Dollmann
„Between God and Mankind – Chances and Challenges of Islamic Anthropologies“. Tagung an der Universität Freiburg i. Ü., 12.–13. September 2018
Esma Isis-Arnautović
Monotheismus – interreligiöse Gespräche im Umfeld moderner Gottesfragen Fachtagung des Forum für Weltreligionen, Augustinerstift St. Florian, 16.–18. September 2018
Brigitte M. Proksch
Buchbesprechungen
Mauder, Christian/Würtz, Thomas/Zinsmeister, Stefan (Hg.): Der Koran in Franken. Überlegungen und Beispiele für Koranrezeption in fremden Kontexten
Rüdiger Braun
Sineb El Masrar: Muslim Men. Wer sie sind, was sie wollen
Florian Jäckel
Literaturhinweise
Zeitschriftenschau