Forderung im Landtag: Ditib durch Verfassungsschutz beobachten. Von Johannes Nitschmann, Düsseldorf (KNA).Düsseldorf (KNA) Nach Vorwürfen der Spionage und Kriegspropaganda plädieren die Fraktionen im nordrhein-westfälischen Landtag mehrheitlich für eine Beobachtung des deutsch-türkischen Moscheeverbandes Ditib durch den Verfassungsschutz. Den demonstrativen Entspannungssignalen der kürzlich neugewählten Ditib-Führung schenken die Politiker offenbar keinen Glauben. Alle sieben Vorstandsmitglieder stehen nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden im Verdacht, von Ankara gesteuert und finanziert zu werden, um in Deutschland eine nationalistische Politik für das Erdogan Regime zu betreiben.
CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen beklagt eine “fehlende Abgrenzung der Ditib-Führung von radikalen, antidemokratischen muslimischen Kräften”. Deshalb sei näher zu überlegen, ob die Ditib vom Verfassungsschutz beobachtet werden soll. Vor allem die jüngste Geheimkonferenz von hundert Islamwissenschaftlern in der Kölner Ditib-Zentralmoschee, bei der auch Vertreter der radialen Muslimbruderschaften auftraten, hat die Christdemokraten empört.
Die SPD-Landtagsfraktion hatte schon Mitte des vergangenen Jahres die Beobachtung der Ditib durch den Verfassungsschutz gefordert. Damals war bekannt geworden, dass der Verband in ostwestfälischen Moscheen Kriegsspiele mit Kindern in Militäruniformen inszenierte. “Was muss noch passieren, bis die Landesregierung die Gefahr, die hier droht, endlich richtig einschätzt?”, fragte der SPD Integrationsexperte Ibrahim Yetin.
Selbst die den Sicherheitsbehörden eher skeptisch gegenüberstehenden Grünen sprechen sich dafür aus, eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu prüfen. Es gebe “Anhaltspunkte”, die für ein verfassungswidriges Verhalten des Verbandes sprächen, sagt der Grünen-Landesvorsitzende Felix Banaszak. Die Ditib sei “ein verlängerter Arm Ankaras” und kooperiere mit “antidemokratischen Kräften”.
Dennoch zeigt der NRW-Verfassungsschutz derzeit keine große Neigung, die Ditib offiziell als Beobachtungsobjekt einzustufen. “Das sind Nationalisten, aber keine Extremisten”, heißt es. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ditib in Deutschland “umstürzlerisch aktiv” sei. Ein Sprecher des Innenministeriums verweist auf “hohe rechtliche Hürden”. Es wird befürchtet, im Falle einer Beobachtung des Moscheeverbandes von den Gerichten zurückgepfiffen zu werden.
Derweil lässt die schwarz-gelbe Landesregierung ihre Kooperation mit der Ditib beim Religionsunterricht und der Gefängnisseelsorge weiter ruhen. Die Staatskanzlei prüft schon seit fünf Jahren, ob es sich bei dem Verband um eine religiöse Organisation handelt. Vor einer Entscheidung will Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) noch ein “religionssoziologisches Gutachten” abwarten.
Dagegen hat der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, sein Urteil längst gefällt: “Die Ditib ist im Leben keine religiöse Organisation.” Schließlich werde der Vorsitzende nicht durch die Delegierten der über 900 Ditib-Gemeinden in Deutschland gewählt, sondern von der türkischen Glaubensbehörde Diyanet befristet eingesetzt. Dem neuen Ditib-Vorsitzenden Türkmen bescheinigen die Behörden “eine Musterkarriere” vom Imam in Dinslaken bis zum Religionsattache in Stuttgart. Zuletzt war er vier Jahre Abteilungsleiter beim Amt für Auslandstürken in Ankara. Damit war er auch zuständig für die Ditib-Imame in Deutschland, die Ende 2016 in den Verdacht gerieten, türkische Regimegegner der Gülen-Bewegung für das Erdogan-Regime ausgespäht zu haben.
Unterdessen strebt NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) den Dialog mit einzelnen Muslimen und Moscheegemeinden außerhalb der Ditib an. Derzeit erhält sein Haus offenbar zunehmend Signale aus der türkischen Community, die auf eine Spaltung des Verbandes hindeuten. “Wenn sich die Reformkräfte innerhalb der Ditib nicht durchsetzen werden, wird es da über kurz oder lang zu Abspaltungen kommen”, prophezeit Stamp. Es gebe viele Muslime, die mit der Ditib-Politik unzufrieden seien. “Die wollen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht in Mithaftung genommen werden für das, was sich irgendwelche Verbände an Grotesken leisten.”
(KNA – tklml-89-00136)
Foto: congerdesign/Pixabay
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Was ist die Ditib?
Köln (KNA) Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) ist der größte islamische Verband in Deutschland. Sie vertritt nach eigenen Angaben mehr als 960 formell selbstständige Mitgliedsvereine, deren religiöse, soziale und kulturelle Tätigkeiten sie koordiniert.
Der Verein wurde 1982 in Berlin als Verband von zunächst 15 Moscheen und 1984 in Köln als bundesweite Organisation gegründet; dort ist auch sein Sitz. Die Ditib wird vom türkischen Religionsministerium mitfinanziert und gelenkt. Der Ditib-Vorsitzende ist in Personalunion stets auch türkischer Botschaftsrat für religiöse und soziale Angelegenheiten. Nach eigenem Bekunden vertritt die Ditib den türkischen Staatsislam mit dem Prinzip der Trennung von Staat und Religion. Die Gemeinden werden durch vom türkischen Staat besoldete Vorbeter (Hodschas/Imame) betreut.
Laut Selbstdarstellung bekennt sich die Ditib zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes. Politisches Engagement lehnt der Verband offiziell ab. Kritiker werfen dem Verband aber vor, als verlängerter Arm der türkischen Regierung zu fungieren und durch eine nationalistische Ausrichtung die Integration der Türken in Deutschland zu behindern. Zudem propagiere die Ditib ein konservatives Islamverständnis und unterstütze das militärische Vorgehen der Türkei gegen Kurden in Nordsyrien. Nach dem Putschversuch 2016 in der Türkei kam es zur Ausspionierung von Gegnern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan durch Ditib-Imame. Der Verband, der lange als Partner bei der Integration galt, wird inzwischen von der deutschen Politik mit Misstrauen gesehen.
Ditib ist auch eine von vier Mitgliedsorganisationen im Koordinationsrat der Muslime (KRM). Zu den zentralen Aufgaben der Ditib zählt seit der Jahrtausendwende zunehmend der Bau großer Moscheen in deutschen Städten, so in Duisburg, Köln, Bielefeld oder Essen. Dabei kam es immer wieder zu Protesten aus der nichtislamischen Bevölkerung.
(KNA – tklkt-89-00104)
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Kritik an deutsch-türkischem Moscheeverband Ditib hält an
Hannover (KNA) Politiker von CDU und den Grünen fordern eine schärfere Gangart gegenüber der Ditib. Nach wie vor halte bei dem deutsch-türkischen Moscheeverband die türkische Religionsbehörde Diyanet das Zepter “fest in der Hand”, sagte der CDU-Innenexperte und Berichterstatter der Unions-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Christoph de Vries, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). Das zeige sich auch an dem neuen Vorstand.
Ende 2016 war bekannt geworden, dass Ditib-Imane in deutschen Moscheen türkische Regimegegner ausspioniert hatten. Seither steht der Verband immer wieder in der Kritik, zuletzt wegen eines zu Jahresbeginn von der Diyanet organisierten europäischen Islamkongresses, bei dem unter anderen Mitglieder der radikalen Muslimbruderschaft zugegen waren.
Der neue Vorsitzende Kazim Türkmen war laut Redaktionsnetzwerk zuletzt noch Abteilungsleiter bei Diyanet in Ankara. Zu dem aus sieben Mitgliedern bestehenden Ditib-Vorstand gehört auch Ahmet Dilek, der als Religionsattache in Köln die Dossiers über Oppositionelle an die Regierung weitergeleitet haben soll.
Ein Islamverband, dessen Loyalität allein dem türkischen Regierungsapparat gelte, könne nicht Teil Deutschlands sein, so de Vries. Da die Ditib die Chance zur Emanzipation vertan habe und den Weg in die Isolation weiter fortsetze, sei die Bundesregierung sogar “gut beraten, die Zusammenarbeit mit Ditib etwa in der Deutschen Islamkonferenz auszusetzen und nach der Streichung der Fördermittel die Zügel weiter anzuziehen, wenn spioniert, Krieg glorifiziert und gegen Andersgläubige gehetzt wird”.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), sagte: “Die neue Führung von Ditib bestätigt unsere Sorge einer extremen Nähe zum türkischen Staatsapparat. Sie kann deshalb kein unabhängiger Ansprechpartner der Bundesregierung für die türkische Community in Deutschland sein. Im Gegenteil, die neue Ditib-Führung zeigt, dass es richtig ist, unsere Zusammenarbeit mit Ditib auf ein Mindestmaß zu reduzieren.”
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir erneuerte seine Kritik an der Ditib. Der Verband sei von einer Anerkennung als Religionsgemeinschaft “weiter entfernt denn je zuvor”, so Özdemir. “Ohne einen inhaltlichen und personellen Neubeginn, der eine Loslösung von Ankara umfasst, sehe ich nicht, wie Ditib an deutsche Schulen oder zur Anerkennung als Religionsgemeinschaft kommen soll.” Er hoffe, auf “eine glasklare Haltung der deutschen Politik”.
(KNA – tkllt-89-00025)