“Bleibende Botschaft von der Sinnlosigkeit des Krieges”, von Sabine Kleyboldt/London (KNA).
Der islamische Gebetsruf in einer christlichen Kirche? Was eher abwegig erscheint, ist seit fast 20 Jahren vielfach Realität geworden – dank der Friedensmesse “The Armed Man” von Karl Jenkins. Denn der walisische Komponist hat in die multireligiöse Suite auch das “Allahu Akhbar” eingebaut, vorgetragen von einem “echten” Muezzin. Heute gehört die Messe, die den Opfern des Kosovokrieges gewidmet ist, zu den populärsten Werken des Protestanten. Bekannt wurde Jenkins aber auch durch Kompositionen für Werbung, Film, Pop und Jazz. Am 17. Februar wird Sir Karl 75 Jahre alt.
Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) spricht Sir Karl über sein populärstes Werk, sein Verhältnis zur Religion und den Brexit.
KNA: Sir Karl, Sie gehen anlässlich Ihres 75. Geburtstag mit Ihrer “Mass for Peace” auf Tournee. Was bedeutet Ihnen dieses Werk heute, 20 Jahre, nachdem Sie es komponiert haben?
Sir Karl Jenkins: Es bedeutet für mich sehr viel, da die Zeit bewiesen hat, wie langlebig und einprägsam das Werk ist – mit über 2.500 Aufführungen und 15 Jahren in den britischen Klassik-Charts. Mit seiner Botschaft von der Sinnlosigkeit des Krieges hat es außerdem eine tiefe emotionale Verbindung zu Menschen auf der ganzen Welt geknüpft.
KNA: Welches Verhältnis haben Sie zur Religion?
Jenkins: Ich wurde als protestantischer Christ mit einer wortwörtlichen Sicht der Bibel erzogen. Ich halte zwar am Glauben fest, finde es aber zunehmend schwieriger, diesen mit der Wissenschaft in Einklang zu bringen.
KNA: Sie sind erfolgreich in sehr unterschiedlichen musikalischen Genres und Stilen – von Werbung bis Kirchenmusik. Welche Musikrichtung ist Ihnen am wichtigsten?
Jenkins: Die verschiedenen Stile spiegeln unterschiedliche Phasen in meinem Leben wider. Ich habe eine klassische Musikausbildung, war aber während meiner gesamten Karriere ein “musikalischer Wanderer”. Ich bewegte mich durch verschiedene Genres, arbeitete aber nie gleichzeitig in unterschiedlichen Bereichen. Es war eine Reise, bis ich herausgefunden habe, was ich am meisten liebe und am besten kann.
KNA: Welche Botschaft soll von Ihrer Musik ausgehen?
Jenkins: Es gibt keine Botschaft an sich, außer dem Wunsch, über meine Musik mit Menschen zu kommunizieren. Wenn ein Werk auf einem Text oder einem bestimmten Stoff basiert, ist dies natürlich die jeweilige Botschaft.
KNA: Ihr 75. Geburtstag liegt einige Wochen vor dem – erwarteten – Brexit. Wie sehen Sie als walisischer Komponist und als weltweit tätiger Künstler dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union entgegen?
Jenkins: Ich halte es für eine desaströse Entscheidung, die auf eine Katastrophe zusteuert. Die Menschen wurden zum Zeitpunkt des Referendums in die Irre geführt; sie hätten das alles nicht glauben sollen.
(KNA - tklmm-89-00165) Foto: Thomas Kinto/Unsplas