Berlin (KNA) Der Berliner Islamwissenschaftler Ralph Ghadban sieht die alleinige Vertretung der Muslime durch die Gülen-Bewegung beim interreligiösen Lehr-und Bethaus “House of one” kritisch. “Das ganze Projekt ist falsch, wenn diese Bewegung allein die Muslime vertreten soll”, sagte Ghadban am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.
Er begrüße daher die Entscheidung der Unternehmerin Catherine von Fürstenberg-Dussmann, sich als Botschafterin und Spenderin für das “House of one” zurückzuziehen. Die Verwaltungsratsvorsitzende der Dussmann-Gruppe hatte erklärt, sie könne “kein Projekt unterstützen, das anstelle Verständigung und Dialog zwischen und innerhalb der Religionen zu fördern, neue Konflikte erzeugt”.
Das “House of one” soll eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee unter einem Dach vereinen. Träger sind die evangelische Kirchengemeinde Sankt Petri-Sankt Marien, die Jüdische Gemeinde zu Berlin, das Abraham Geiger Kolleg und der muslimische Verein “Forum Dialog” mit Nähe zur Bewegung des türkischen Predigers Fetullah Gülen. Die Grundsteinlegung auf dem Petri-Platz in BerlinMitte ist für 2020 geplant.
Ghadban kritisierte, die umstrittene Gülen-Bewegung wolle “die Welt erretten durch die Einführung der Scharia, allerdings nicht wie der türkische Staatspräsident Erdogan auf parteipolitischem Weg, sondern durch eine Bewegung von unten, durch Erziehung”. Religionsunterricht etwa finde nicht an den privaten Schulen der Bewegung in Deutschland statt, sondern werde in sogenannten “Lichthäusern” heimlich durchgeführt. “Diese Geheimnistuerei ist beunruhigend und nicht gut für eine Demokratie”, so der Wissenschaftler.
Damit das Projekt “House of one” nicht gänzlich scheitere, müssten für die muslimische Seite weitere Vertreter gefunden werden, von denen sich mehr Muslime angesprochen fühlten, forderte er. Denkbar sei etwa ein Mitglied der “Initiative säkularer Islam”.
“Falls auch die Katholiken in Zukunft beim ‘House of one’ mitmachen wollen, sollten sie auf weitere muslimische Beteiligung bestehen”, verlangte Ghadban. Er betonte, der Vorteil der Gülen-Bewegung liege darin, dass es sich um ein “friedfertiges missionarisches Programm” ohne Gewaltanwendung handele. “Insofern glaube ich auch nicht, dass Gülen etwas mit dem Staatsstreich gegen Erdogan zu tun hatte.” Auch sei der Dialog mit dem Judentum und Christentum für die Bewegung nicht ausgeschlossen.
(KNA - tknll-89-00103) Foto: jaefrench/Pixabay