Mainz (KNA) Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnt vor einem Rechtsruck nach den Erfolgen vieler Rechtspopulisten bei der Europawahl. “Besonders die Wahlerfolge der AfD in den neuen Bundesländern machen mir große Sorgen”, sagte er am Wochenende im Interview mit heute.de. Gespräche mit AfD-Vertretern lehne er weiter ab, denn “es macht keinen Sinn, sich mit offiziellen Vertretern einer Partei zu treffen, die sich nicht von Funktionären mit rechtsextremem Gedankengut trennen will”.
Der Zentralrat pflege auch keine Kontakte mit der Vereinigung mit dem Namen “Juden in der AfD”, so Schuster weiter: “Das ist eine sehr kleine Gruppe von Menschen, die der AfD als Feigenblatt dienen. Ich habe keinerlei Verständnis für die ‘Juden in der AfD'”.
Auf der anderen Seite warne der Zentralrat auch vor muslimischem Antisemitismus, ergänzte der Präsident. Laut Statistik seien zwar 90 Prozent der antisemitischen Vorfälle dem rechten Spektrum zuzuordnen, allerdings bilde die Statistik die Wirklichkeit “nur bedingt” ab. Denn alle Fälle, in denen ein Täter nicht ermittelt werden könne, würden automatisch der rechten Szene zugeordnet, erklärte Schuster: “Ich gehe davon aus, dass zwar ein Großteil der antisemitischen Vorfälle von rechts kommt, ein gewisser Anteil aber auch von Muslimen.”
Hoffnung mache ihm “die breite Unterstützung aus der Gesellschaft”, betonte der Präsident. Als Beispiel nannte er ein Projekt des Zentralrats mit Unterstützung der Bundesregierung, um Vorurteile zwischen Juden und Muslimen abzubauen: “Und zwar von beiden Seiten, denn auch wir Juden haben Vorurteile über Muslime. Das Schöne an dem Projekt ist: Es geht nicht um Verbände und Funktionäre, sondern um Individuen, die sich einfach als Menschen begegnen.”
Zum Tragen der Kippa in der Öffentlichkeit erklärte Schuster, er stehe nach wie vor hinter seiner Aussage und auch hinter dem, was der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, gesagt habe: “Es ist nicht überall in Deutschland gefahrlos möglich, sich als Jude mit Kippa auf der Straße zu zeigen. Der Unterschied ist: Wenn ich als jüdischer Vertreter das sage, ist das ein anderes Signal, als wenn das ein Vertreter der Bundesregierung sagt.”
(KNA - tkqkl-89-00049)