Liebe Leserinnen und Leser,
der interreligiöse Dialog ist ein wichtiges Instrument, um gegenseitige Vorurteile abzubauen, aber auch Verständnis und Respekt gegenüber der je anderen Tradition einzuüben. Die katholische Kirche hat im Jahre 1964 – noch während des Zweiten Vatikanischen Konzils – ein zentrales Organ ins Leben gerufen, das den interreligiösen Dialog im Titel trägt und sich dieser Aufgabe widmet. Am 26. Mai 2019 hat Papst Franziskus den spanischen Bischof Miguel Ángel Ayuso Guixot M. C. C. J. zum neuen Präsidenten dieses Organs, des Päpstlichen Rates für Interreligiösen Dialog (PCID), ernannt. Bischof Miguel folgt im Amt damit auf Jean-Louis Kardinal Tauran, der das vatikanische Dikasterium über zehn Jahre lang leitete – bis zu seinem Tod im Juli 2018. Der neue Präsident gehört dem Orden der Comboni-Missionare an und hat u. a. Islamwissenschaften studiert, war in Ägypten und im Sudan tätig. Außerdem war er Dekan des renommierten Päpstlichen Instituts für Arabistik und Islamwissenschaften (PISAI) in Rom, bis ihn Papst Benedikt XVI. 2012 zum Sekretär des PCID ernannte.
Bischof Miguel bringt durch seine Sprachkenntnisse, Lebenserfahrungen in islamisch geprägten Kontexten, aber auch akademisch-wissenschaftlich die besten Voraussetzungen für seine neue Aufgabe mit. Gefragt, wohin der interreligiöse Dialog führen soll, antwortete Bischof Miguel programmatisch, Menschen unterschiedlicher Religionen sollen „von Toleranz übergehen zu echtem Zusammenleben“. Damit greift er die Ermutigung von Human Fraternity auf, jenem Dokument, das von Papst Franziskus und dem Großimam Ahmad al-Tayyeb in Abu Dhabi unterschrieben wurde; das Dokument findet sich auch in diesem Heft und wird in einem Beitrag kritisch gewürdigt.
Friedliches Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher religiöser Zugehörigkeit ist eine bleibende Herausforderung für viele Regionen der Erde. Jerusalem (hebr. Jeruschalájim) bedeutet „Friedensstadt“ oder auch „Burg des Friedens“. Die Stadt Jerusalem ist ein Ort, der für Juden, Christen und Muslime eine wichtige geistige Bedeutung besitzt. Ein Ort, der sich nach einem friedlichen Miteinander von Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit sehnt. Papst Franziskus hat mit König Muhammad VI. während seiner pastoralen Reise nach Marokko (30.–31. März 2019) in Anerkennung der Einzigartigkeit und Sakralität Jerusalems gemahnt: „Wir halten es für wichtig, die Heilige Stadt Jerusalem / Al Qods Acharif als gemeinsames Erbe der Menschheit und vor allem für die Gläubigen der drei monotheistischen Religionen als Ort der Begegnung und als Symbol friedlichen Miteinanders zu bewahren, wo gegenseitiger Respekt und Dialog gepflegt werden.“ Möge dieser Wunsch der friedlichen Koexistenz Wirklichkeit werden, damit diese Stadt als Beispiel für andere Orte der Welt dienen kann.
In diesem Sinne viel Freude bei der Lektüre dieses Heftes!
Ihr Timo Güzelmansur
Inhalt
Studien
„Menschliche Brüderlichkeit“. Anmerkungen zur Papstreise nach Abu Dhabi und zum Dokument
Timo Güzelmansur
Zum Begriff „historisch-kritisch“ im ersten Band des Korankommentars von Mouhanad Khorchide
Frank van der Velden
Finanzierung muslimischer Gemeinschaften in Deutschland. Stand der Debatte über eine Moscheesteuer und andere Finanzierungsmodelle
Sebastian Prinz
Dokumentation
Die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt Gemeinsames Dokument von Papst und Großimam der Azhar,
Abu Dhabi, 4. Februar 2019
Interreligiöse Begegnung – Ansprache von Papst Franziskus
Abu Dhabi, 4. Februar 2019
Ansprache von Großimam Ahmad al-Tayyeb, Scheich der Azhar-Universität
Abu Dhabi, 4. Februar 2019
Berichte
Studienwoche „Christlich-Islamische Beziehungen im europäischen Kontext“. Stuttgart-Hohenheim, 30. September – 5. Oktober 2018
Thomas Frings und Jannis Giese
Ethik-Netzwerk Christentum und Islam. Beteiligte, Profil und Veranstaltungen
Benedikt Schmidt
Muslim Chaplaincy. A Resource for Social Welfare? Konferenz der AIWG, Frankfurt a. M., 23.–24. Januar 2019
Benedikt Körner
Individualismus und Religion. Diskussionsveranstaltung, Berlin, 24. Januar 2019
Anne Schönfeld
Islam in der Politik. Islamforum Bayern, Kelheim, 26. Januar 2019
Alexandra Morath
„Person“ and „Sexuality “ in Judaism, Christianity and Islam. Tagung von KCID, FAU Erlangen-Nürnberg, 13.–15. Februar 2019
Katja Thörner
Säkular und religiös. Theologisches Forum Christentum – Islam, Stuttgart-Hohenheim, 1.–3. März 2019
Florian Jäckel und Ulrika Kilian
Buchbesprechungen
Grün, Anselm/Karimi, Milad: Im Herzen der Spiritualität. Wie sich Muslime und Christen begegnen können
Christian W. Troll SJ
Şahinöz, Cemil: Seelsorge im Islam – Theorie und Praxis in Deutschland
Gülbahar Erdem
Literaturhinweise
Zeitschriftenschau