Brüssel (KNA) Die designierte EU-Kommissarin für Innenangelegenheiten, Ylva Johansson, sieht wichtige europäische Werte bedroht. Muslime würden bedroht, Frauen hätten teils nicht das Recht, über ihre Zukunft zu entscheiden, und Menschen, die Minderheiten angehörten, erlebten Diskriminierungen, sagte die Schwedin am Dienstag während der Anhörung im EU-Parlament in Brüssel. Johansson sagte, sie wolle den “europäischen Lebenswandel” im Sinne von Toleranz und Pluralismus unterstützen. Der Titel des Portfolios “Schützen, was Europa ausmacht” (Protecting our European Way of Life) sorgte vor den Anhörungen für Diskussionen.
Johansson will zudem die Auflösung der Blockade beim gemeinsamen europäischen Asylsystem zu ihrer Priorität machen. “Meine Mission ist es, diese Situation aufzulösen”, so Johansson. Das Recht auf Asyl sei Teil des europäischen Lebens. Sie wolle einen “neuen Pakt” für Asyl und Migration entwickeln und vorschlagen, doch es werde wohl nicht so schnell zu einer Einigung kommen. Sie betonte jedoch, ein Solidaritätsmechanismus für das Asylsystem könne nicht ausschließlich auf Freiwilligkeit beruhen. “Wir brauchen eine Migrations- und Sicherheitspolitik, die den Bürgern dient und in unseren Werten verankert ist”, sagte sie. “Scheitern ist keine Option”, so Johansson zur Asyl- und Migrationspolitik. Sie wisse jedoch auch, dass in den vergangenen drei Jahren ein Kompromiss bei der Asylpolitik von den EU-Staaten blockiert worden sei.
Die Schwedin sprach sich dafür aus, mehr legale Wege in die EU zu schaffen. Derzeit ist es nicht möglich, in einem Nicht-EU-Staat Asyl in der EU zu beantragen. Für Libyen könne sie sich auch humanitäre Korridore vorstellen. “Die Situation in Libyen ist schrecklich”, sagte sie. Dabei sei sie jedoch auf die Unterstützung der Mitgliedstaaten angewiesen, die bereit sein müssten, schutzbedürftige Menschen aufzunehmen.
Die designierte Kommissarin setzte sich auch dafür ein die Seenotrettung zu verbessern. “Menschenleben im Meer zu retten, ist unsere moralische Pflicht”, sagte sie. “Wir müssen die Menschen daran hindern, in diese Boote zu steigen und Schmuggler stoppen.” Sie stimme nicht damit überein, dass Seenotrettung einen “Pull-Faktor” darstelle; also mehr Migranten motiviere, die Mittelmeerüberfahrt zu wagen. Johansson sagte auch zu, sich mit dem Thema der Kriminalisierung von humanitärer Hilfe zu befassen. Das ist etwa der Fall, wenn sich Kapitäne von Rettungsschiffen auf dem Mittelmeer vor Gericht verantworten müssen.
Noch bis zum 8. Oktober finden im EU-Parlament Anhörungen mit den designierten EUKommissaren statt. Jeder Kommissar muss sich drei Stunden 25 Fragen der EU-Abgeordneten stellen. Am 23. Oktober soll das Europaparlament dann über die gesamte Kommission abstimmen, bevor diese voraussichtlich am 1. November ihre Arbeit aufnimmt.
(KNA – tlkkl-89-00119)