Berlin/Tübingen (KNA) Aus Sicht des Tübinger Religionspädagogen Albert Biesinger wird religiöse Bildung in Zukunft immer wichtiger. “Wenn wir nicht wollen, dass Synagogen, Moscheen und Kirchen brennen, muss die religiöse und interreligiöse Bildung intensiviert werden”, sagte Biesinger am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Ohne religiöse Bildung geht es nicht mehr. Die Kinder von heute wachsen in eine Gesellschaft hinein, in der Religion ein Megathema wird”.
Jahrzehntelang hätten Religionspädagogen “dagegen angekämpft, dass man Kindern Angst vor der Hölle macht, und jetzt kommt das über die muslimischen Kinder wieder in die Kitas rein”, so Biesinger. “Wer ein Wurstbrot isst, kommt in die Hölle”, habe etwa ein muslimisches Kind in der Kita einmal zu anderen Kindern gesagt. “Die Erzieherin hat nicht eingegriffen, hat das so stehen lassen”, sagte der katholische Theologe. “Dabei hätte sie erstens sagen müssen, dass hier niemand in die Hölle kommt, und zweitens erklären müssen, wieso das Kind überhaupt darauf kommt – weil Muslime kein Schweinefleisch essen.”
Erzieher müssten den Kindern beistehen, dürften ihre Fragen nicht abblocken, forderte Biesinger. Es sei wichtig, “dass Lehrer und Erzieher aus Angst vor Konflikten dem Thema nicht ausweichen”. Pädagogische Fachkräfte müssten mit Blick auf interreligiöse Kompetenz trainiert werden.
Grundsätzlich betonte Biesinger das Positive, dass Religion Kindern bieten könne. “Kinder gewinnen dadurch einen weiten Horizont für ihr eigenes Leben, dass sie aus Gott kommen. Diese Gewissheit können Eltern allein nicht geben.” Durch religiöse Rituale “erfahren sie Zugehörigkeit, Schutz und Geborgenheit”, erklärte er. “Ich gehe davon aus, dass Kinder von sich aus religiöse Wesen sind. Sie fangen früh an, überraschende Fragen zu stellen. Das steckt evolutionsbedingt in Menschen drin.”
Eigene Fragen an die Religion solle man offen beantworten und dabei auch zeigen, dass man nicht immer die Antwort wisse, rät der Pädagoge – etwa, wenn ein Kind ein Elternteil wegen einer Krankheit früh verliere. Warum Gott in dieser Welt Leid zulasse – das sei auch für einen gläubigen Menschen schwer zu verstehen.
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