Jerusalem (KNA) Tel Aviv darf ein geplantes Obdachlosenheim sowie ein Einkaufszentrum über einem muslimischen Friedhof aus osmanischer Zeit bauen. Zu diesem Urteil kam das zuständige Gericht am Dienstag, wie die Tageszeitung “Haaretz” (Mittwoch) berichtete. Es lehnte einen Einspruch des örtlichen Islamrats mit der Begründung ab, dass im Konfliktfall die Interessen der Lebenden Vorrang vor jenen der Toten haben sollten.
Der Vorsitzende des Islamrats in Jaffa, der Anwalt Mohammed Adri’i, kritisierte das Urteil laut Bericht als Verfolgung. Es zeige die Politik der israelischen Regierung sowie der Stadt Tel Aviv, die Erinnerung an muslimische Präsenz auszulöschen.
Derzeit befindet sich an der umstrittenen Stelle ein Obdachlosenheim, das in einem Gebäude aus Osmanenzeit untergebracht ist. Bei Beginn der Arbeiten für einen Neubau des Heims wurde ein muslimischer Friedhof mit rund 60 Gräbern aus dem 18. Jahrhundert gefunden. Bewohner von Jaffa riefen das Bezirksgericht Tel Aviv auf, die Bauarbeiten vorläufig zu stoppen, bis ein endgültiges Urteil vorliege.
Bei allem Respekt für die religiösen Empfindlichkeiten der Muslime von Jaffa seien auch die Rechte der Landbesitzer sowie die öffentliche Bedeutung des Bauprojekts zu berücksichtigen, urteilte das Gericht. Ferner machte die Richterin geltend, dass die unterirdischen Gräber nicht sichtbar seien, das Land nicht mehr als Friedhof genutzt worden und entsprechend nicht mit einer religiösen Achtung behandelt worden sei.
Bei ihrem Urteil stützte sie sich laut Zeitung unter anderem auf ein Urteil des Obersten Gerichts im Fall des Toleranzmuseums in Jerusalem, das ebenfalls auf einem muslimischen Friedhof errichtet werden darf.
Der Friedhof in Jaffa wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgegeben und bekannte Gräber auf einen anderen Friedhof übertragen. Anschließend diente das Gelände einem muslimischen Sportverein als Fußballfeld und wurde später als Warenlager genutzt, bevor es als öffentliches Gelände umgewidmet und für eine Klinik und später das Obdachlosenheim genutzt wurde.
© KNA. Alle Rechte vorbehalten. (KNA - kklmm-89-00159)