Kultusministerkonferenz debattiert über Religion auf dem Campus. Von Christoph Arens (KNA).
Bonn (KNA) Der Streit um islamische Kopfbedeckungen in Deutschland geht in eine neue Runde. Diesmal ist nicht die Frage, ob Vertreter des Staates in Gerichten und Schulen das Kopftuch tragen dürfen. Der Konflikt wird auf einem anderen Feld ausgetragen: Dürfen Schülerinnen und Studentinnen an Schulen und Hochschulen mit vollverschleiertem Gesicht – also mit Burka und Nikab – lernen?
Der Streit wogt seit Jahren. Doch zwei aktuelle Fälle haben das Thema neu auf die Tagesordnung gebracht: Die Uni Kiel hat einer zum Islam konvertierten Studentin den Besuch von Lehrveranstaltungen mit Vollverschleierung untersagt. Weil die Studentin trotzdem immer wieder auch verschleiert zu Veranstaltungen kam, bat die Hochschule die Landesregierung, ein rechtliches Verbot möglich zu machen.
In Hamburg entschied das Oberlandesgericht Anfang Februar, dass eine 16 Jahre alte Berufsschülerin weiterhin mit Vollverschleierung in den Unterricht gehen darf. Für ein Verbot gebe es keine gesetzliche Grundlage, hieß es. Schulsenator Ties Rabe (SPD) kündigte daraufhin an, das Schulgesetz zu ändern und die Vollverschleierung zu verbieten.
Es handelt sich ohne Frage um Einzelfälle, die sich aber schnell ins Grundsätzliche ausweiten können. Eine – nicht von allen Ministerien beantwortete – Umfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) unter den Bundesländern zeigt einen Flickenteppich von Regelungen.
In Bayern etwa besteht ein Verbot von Vollverschleierungen sowohl für Schülerinnen als auch für sämtliche Mitglieder der Hochschulen. Kultusminister Michael Piazolo (FW) argumentiert, dass Unterricht und Erziehung offene Kommunikation benötigten. Lehrer und Schüler müssten sich einander ins Gesicht schauen können. Auch im Bayerischen Hochschulgesetz heißt es, die Bildung lebe vom offenen Wissens- und Meinungsaustausch. Er ereigne sich auch über Mimik und Gestik.
Die meisten anderen Bundesländer planen mit Blick auf die Universitäten keine gesetzlichen Regelungen – und verweisen teilweise auf die Kompetenzen der jeweiligen Hochschulen. “Bisher wurde von keiner Hochschule ein Bedarf für derartige Regelungen vorgetragen, weshalb wir aktuell keinen Bedarf für eine diesbezügliche Änderung des Gesetzes oder eine grundsätzliche Regelung sehen”, teilte beispielsweise das Thüringer Wissenschaftsministerium mit.
Auch die Hamburger Wissenschaftsbehörde sieht – anders als die Schulbehörde – keine Notwendigkeit zu einer gesetzlichen Regelung. Die Uni Hamburg habe sich ein eigenes Regelwerk gegeben. Es äußert sich nicht direkt zu Burka und Nikab, fordert religiöse Toleranz, formuliert aber zugleich den Vorrang von Forschung, Lehre und Bildung vor der Ausübung religiöser Freiheit. Keinen Regelungsbedarf sehen auch Berlin und Niedersachsen, das auf die Kompetenz der Unis verweist. In Schleswig-Holstein ist zumindest eine Regelung geplant, nach der Studierende zur Identitätsfeststellung für Prüfungen und Einschreibungen ihr Gesicht zeigen müssen.
Grundsätzlich wird das Thema Religionsausübung an Universitäten derzeit auf Ebene der Kultusministerkonferenz (KMK) behandelt. Der KMK-Hochschulausschuss hat zum Thema “Religionen auf dem Campus” eine Arbeitsgemeinschaft eingesetzt, die in Kürze einen ersten Zwischenbericht vorlegen soll. Zusammen mit Religionsvertretern und der Hochschulrektorenkonferenz sollen Leitlinien erarbeitet werden.
Mit Blick auf die Schulen haben Hamburg, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg Initiativen zum Verbot der Vollverschleierung angekündigt. In Niedersachsen ist eine Vollverschleierung an den Schulen seit 2017 verboten. Rheinland-Pfalz und Hessen gehen davon aus, dass die Teilnahme von vollverschleierten Schülerinnen am Unterricht bereits heute nicht zulässig ist. Die Mainzer Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) sagte allerdings kürzlich, in die geplante Neufassung des Schulgesetzes könnte auch ein Verbot der Vollverschleierung aufgenommen werden. In Sachsen gibt es Empfehlungen an die Schulleitungen, die Burka und Nikab verbieten: “Im Lichte des Hamburger Urteils prüfen wir, ob diese Regelung für unsere Schulen ausreichend ist oder ob gesetzliche Regelungen notwendig sind.”
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