Karlsruhe/Wiesbaden (KNA) Das Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen in Hessen stimmt nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz überein. Wegen der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates kann der Gesetzgeber das Tragen von Kopftüchern untersagen, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss des Zweiten Senats hervorgeht.
Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) bezeichnete die Entscheidung als “wegweisend”. Zustimmung kam auch von der AfD. Kritik übten dagegen die Linke und der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD).
Konkret ging es um eine Deutsch-Marokkanerin, die sich auf den Justizdienst im Land Hessen vorbereitete. Nach den dort geltenden Regelungen können Frauen grundsätzlich während ihrer Ausbildung ein Kopftuch tragen, nicht aber dann, wenn sie öffentlich Justiz und Staat repräsentieren. Sie dürfen also weder Verhandlungen von der Richterbank aus verfolgen und dürfen auch keine Beweise aufnehmen. Der Senat entschied, der Eingriff in die Religionsfreiheit sei gerechtfertigt.
“Die Verpflichtung des Staates auf Neutralität kann keine andere sein als die Verpflichtung seiner Amtsträger auf Neutralität, denn der Staat kann nur durch Personen handeln”, heißt es. Einer der Richter, Ulrich Maidowski, formulierte eine abweichende Meinung. Er hält das Kopftuchverbot verfassungsrechtlich nicht für haltbar.
Kühne-Hörmann wertete die Entscheidung als “wichtiges Signal zugunsten der weltanschaulichen Neutralität staatlicher Institutionen”. Dies gelte gerade in der heutigen Gesellschaft, in der Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Biografien zusammenlebten. Für Verfahrensbeteiligte sei die Neutralität des Staates bei einer Frau mit Kopftuch auf der Richterbank nicht ohne weiteres zu erkennen. Der visuelle Eindruck einer Befangenheit müsse von vorneherein vermieden werden, so die Ministerin. Dies sei nur möglich, “wenn die staatlichen Verfahrensbeteiligten keine religiösen Insignien” zeigen dürften.
Für die AfD wertete Beatrix von Storch das Urteil “als Zeichen gegen den politischen Islam an deutschen Gerichten” und als Entscheidung “gegen die politisch-kulturelle Machtdemonstration einer muslimischen Rechtsreferendarin”. Die religionspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Christine Buchholz, bedauerte dagegen: “Karlsruhe hat eine Chance verpasst, die Diskriminierung von kopftuchtragenden muslimischen Rechtsreferendarinnen zu beenden.”
Die religiöse Neutralität des Staats werde gewährleistet durch die Neutralität der Institution. Die religiöse und weltanschauliche Vielfalt der Beschäftigten widerspreche dem nicht. Der Zentralrat der Muslime sprach von einem Rückschritt in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung. Kopftuchtragende Rechtsreferendarinnen würden letztlich als Referendarinnen zweiter Klasse behandelt, erklärte die stellvertretende ZMD-Vorsitzende und Rechtsanwältin Nurhan Soykan. Der richterliche Justizdienst solle offenbar weiterhin bestimmten Bevölkerungsgruppen verschlossen bleiben.
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