Berlin (KNA) Das Institut für Islamische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität (HU) hat sein erstes Forschungsprojekt gestartet. Unter dem Titel “Wege zu einer Ethik” geht es vor allem um sexualethische Fragen, wie der Berliner Professor für Islamisches Recht, Serdar Kurnaz, am Dienstag beim Auftakt erklärte. Kooperationspartner ist das Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam an der Goethe-Universität Frankfurt/Main.
In der islamischen Theologie habe sich Ethik als eigenständige Disziplin bislang nicht herausgebildet, so Kurnaz. Ethische Normen gebe es jedoch in verschiedenen theologischen Traditionen und Fachrichtungen. Das Projekt solle dazu beitragen, sie zu erforschen und für gegenwärtige muslimische Seelsorge und Beratungsdienste anwendbar zu machen.
Die Berliner Juniorprofessorin für Islamische Glaubensgrundlagen, Philosophie und Ethik, Mira Sievers, sagte, es gehe um sexualethische Fragen wie vorehelichen Geschlechtsverkehr, Verhütung und Homosexualität. Muslime würden dabei oft mit klaren Geboten und Verboten konfrontiert, obwohl die islamische Theologie weit vielfältiger sei. Die Frankfurter Juniorprofessorin für Normenlehre des Islam, Rana Alsoufi, betonte, bei dem Projekt würden außer sunnitischen auch schiitische Traditionen erforscht.
In dem zweijährigen Projekt arbeiten neun Islam-Fachleute zusammen. Zudem werden fallweise auch andere theologische Einrichtungen einbezogen wie das neuen HU-Institut für Katholische Theologie, mit dem das Islam-Institut in einem Gebäude untergebracht ist.
Gefördert wird das Projekt von der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (Frankfurt/Main), die den Austausch zwischen den islamisch-theologischen Hochschuleinrichtungen in Deutschland unterstützt. Der Geschäftsführer der Akademie, Felix Engelhardt, nannte das Ethik-Projekt ein “Paradebeispiel” für Vorhaben, Theologie auf heutige gesellschaftliche Anforderungen anzuwenden. Geplant ist bei dem Projekt außer einer Buchveröffentlichung auch ein Online-Handbuch zu ethischen Grundbegriffen in islamischer Tradition.
Das Berliner Islam-Institut nahm vor einem Jahr seinen Lehrbetrieb auf. Im Sommersemester hatte es rund 130 Studierende. Von den sechs Professuren sind zwei noch nicht besetzt, dies soll bis zum kommenden Jahr erfolgen. Außer dem neuen Ethik-Projekt gibt es auch zwei Nachwuchsforschungsgruppen.
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