Bonn (KNA) Nach dem islamistischen Anschlag in Wien mit mehreren Toten mehren sich Stimmen, die für einen weiteren Austausch mit Muslimen werben. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte der “Zeit” (Donnerstag), dass die große Mehrheit der Muslime solche Gewalttaten verurteile. “Wir werden Austausch und Integration mit muslimischen Verbänden und Organisationen fortsetzen und intensivieren.” Der Angriff richte sich gegen “uns alle”, die freiheitliche Lebensweise und die demokratische Grundordnung. Er zeigte sich jedoch überzeugt davon, dass sich die Gesellschaft nicht auseinandertreiben lasse.
Die Tat in Wien ist nach den Worten der evangelischen Theologin Margot Käßmann ein “schwerer Rückschlag” insbesondere für liberale Muslime. “Diese Terroristen wollen die freie Welt in Angst und Schrecken versetzen”, sagte Käßmann der “Zeit”-Beilage “Christ & Welt”. “Ja, das ist ein schwerer Rückschlag vor allem für liberale Muslime, weil sie wieder mit Islamisten in eins gesetzt werden.”
Käßmann ist im Leitungsgremium des UN-Projekts “Religions for Peace”. Auf die Frage, wie sie mit ihrer Arbeit dem öffentlichen Bewusstsein entgegentreten wolle, dass der Unterschied zwischen gemäßigten und radikalen Muslimen zunehmend verschwimme, sagte sie: “Gerade deshalb ist es wichtig, öffentlich zu zeigen, dass Gläubige verschiedener Religionen für Frieden eintreten und Gewalt verabscheuen, ja das Töten von Menschen als Gotteslästerung ansehen.” Das sei heutzutage “umso wichtiger”.
Die jüngsten Bluttaten in Nizza und Paris seien “schockierend, belastend, entsetzlich”. Und gerade da sei der Dialog gefragt, sagte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Religionen seien insgesamt nicht unschuldig. “Religionen müssen glasklar dafür eintreten, dass Fanatismus, Fundamentalismus keinen Raum finden.” Am Ende gehe es um die Frage: “Kann ich tolerieren, ertragen, dass andere eine andere Wahrheit über Gott finden als ich? Nur wenn ich das bejahe, können Religionen zum Frieden beitragen.”
Im Fall des Messerangriffs in einer Kirche in Nizza müsse alles darangesetzt werden, dass Religion sich nicht benutzen lasse für die Legitimation von Hass und Gewalt. “Die liberalen und dialogfähigen Kräfte in den Religionen müssen sich verbünden, damit nicht die Fundamentalisten die Wahrnehmung von Religion definieren.” Liberale müssten ermutigt werden.
Religionen müssten “Dialogkompetenz lernen, in der Lage sein, ihre Überzeugungen als demokratiekompatibel zu erweisen. Wo sie versuchen, gesellschaftliche Themen zu dominieren, sich als nicht gesprächsfähig zeigen mit der säkularen Welt, verlieren sie weiter an Zukunftsfähigkeit”, betonte die Theologin.
Der Mitgründer der Alhambra-Gesellschaft, Murat Kayman, pochte in der “Welt” auf klare Worte. Wenn man als Muslime Anschläge wie in Wien kommentiere, reiche es nicht, allgemein Gewalt zu verurteilen. Es sei wichtig zu sagen: “Ich bin gegen dschihadistische Gewalt! Ich bin gegen Muslime, die sagen, dass ihre Religion das rechtfertigt.”
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