Augsburg (KNA) Alice Schwarzer (77), Journalistin und Streiterin für Frauenrechte, sieht das Kopftuch weiter kritisch, auch wenn sie es nicht generell ablehnt. “Man muss zwischen der objektiven Bedeutung des Kopftuches und der subjektiven unterscheiden”, sagte Schwarzer der “Augsburger Allgemeinen” (Montag). Objektiv sei das Kopftuch seit der islamischen Revolution 1979 “die Flagge des Islamismus”, als alle unverschleierten Frauen aus den Universitäten und Büros gejagt worden seien. “Denn bei den fundamentalistischen Muslimen gelten Haar und Körper der Frauen als ‘sündig’, nur der eigene Mann soll es sehen. Die Frauen sind also der Besitz ihres Mannes.”
Subjektiv dagegen hätten Frauen in Ländern, in denen sie das Kopftuch freiwillig trügen, die unterschiedlichsten Motive, betonte Schwarzer. “Die sind zu respektieren, mit diesen Frauen kann man reden, ihnen aber keine Verbote erteilen.” Verbieten wolle sie das Kopftuch nur in Schulen und im öffentlichen Dienst, so die Journalistin. “Da haben solche rückständigen politischen Symbole nichts verloren. Meine Solidarität gilt allerdings in erster Linie den Millionen zwangsverschleierten Frauen in den islamischen Ländern.”
Zugleich wehrte sich Schwarzer gegen den Vorwurf, sie gehe mit dem Islam hart ins Gericht. “Zum Islam als Glauben habe ich mich noch nie geäußert. Ich gehe mit dem Islamismus, dieser Ideologie, die den Islam in Geiselhaft nimmt, ins Gericht.” Sie fürchte, sie werde mit wenig in ihrem Leben so recht gehabt haben wie mit der Warnung vor dem politischen Islam. Diesen bekämpfe sie seit einem Besuch im Iran kurz nach der Revolution. Da habe sie begriffen, was passiere: “Abschaffung der Demokratie, des Rechtsstaates, der Gleichberechtigung der Geschlechter – dafür Einführung des Gottesstaates und der Scharia.”
Seither habe der Islamismus seinen weltweiten Kreuzzug über Afghanistan, Algerien und Syrien bis in das Herz der westlichen Metropolen angetreten, so die Frauenrechtlerin. “Das ist der Sumpf, aus dem der islamistische Terror kriecht, der nur die Spitze des Eisberges ist.” Wolle man ihn bekämpfen, müsse man den politischen Islam als seinen Ursprung bekämpfen. “Und der beginnt bei der Geschlechtertrennung im Kindergarten, beim Verbot des Schwimmunterrichts für Mädchen, bei Jungen, die Lehrerinnen nicht mehr die Hand geben wollen und Eltern, die verhindern, dass in der Schule die Darwinsche Evolutionstheorie unterrichtet wird.”
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