Moskau (KNA) Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. hat sich für eine Lösung des Konflikts mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel ausgesprochen. In einem Interview des russischen Fernsehens machte er Konstantinopel am Donnerstag aber zugleich erneut Vorwürfe. Die Rückumwandlung der einst weltgrößten Kirche Hagia Sophia in Istanbul in eine Moschee bezeichnete er als eine “Strafe Gottes” für den Ukraine-Kurs des Ehrenoberhaupts der Weltorthodoxie, des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I.
Kyrill I. sagte, Bartholomaios I. habe in der Ukraine auf Druck einer Supermacht – die USA nannte er nicht beim Namen – “Schismatiker” unterstützt und damit ein “Verbrechen” begangen. Er wolle seinen “Konstantinopler Amtsbruder nicht kritisieren, aber alles, was danach in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, geschah, zeugt zweifellos von der Strafe Gottes”. Bartholomaios I. habe “Schismatiker” in die Kiewer Sophienkirche geführt und danach die Hagia Sophia in Istanbul verloren.
Das weltberühmte byzantinische Bauwerk, einst die größte Kirche der Christenheit, war im Sommer 2020 auf Betreiben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan von einem Museum in eine Moschee verwandelt worden. Eine offensichtlichere Konsequenz, die vom Willen Gottes ausgehe, sei schwer vorstellbar, so der Moskauer Patriarch.
Nun müsse man füreinander beten und alles dafür tun, “damit diese von außen aufgezwungene Krise der Orthodoxie so schnell wie möglich vorübergeht”, sagte das Oberhaupt der mit Abstand größten orthodoxen Landeskirche. Er betonte: “Die russische Kirche ist bereit, ihren Teil des Weges zu gehen, um dieses Ziel zu erreichen.”
Bartholomaios I. hatte entscheidend zur Gründung einer von Moskau unabhängigen orthodoxen Kirche im Dezember 2018 in der Kiewer Sophienkirche beigetragen. Einen Monat später erkannte er diese Kirche als autokephal (eigenständig) an und stellte sie damit den mehr als ein Dutzend orthodoxen Landeskirchen gleich. Aus Protest dagegen brach das Moskauer Patriarchat mit Bartholomaios I. und verbot seinen Gläubigen die Teilnahme an Gottesdiensten der Konstantinopler Kirche. Moskau sieht seine eigene ukrainische Tochterkirche bedroht, die in dem Nachbarland bis heute über die meisten Pfarreien verfügt.
Mit der moskautreuen Kirche konkurriert die neue ukrainische Kirche. Letztere wurde bisher nur von einer Minderheit der übrigen orthodoxen Landeskirchen offiziell anerkannt, gegen die Moskau ebenfalls Sanktionen verhängte. Eine mögliche Lösung der schweren Krise ist bisher nicht in Sicht.
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