Von Michael Althaus (KNA)
Göttingen (KNA) Der Göttinger Ditib-Vorsitzende Mustafa Keskin ist nach Antisemitismus-Vorwürfen zurückgetreten. Keskin bestätigte am Mittwoch auf Anfrage einen entsprechenden Bericht des Online-Portals welt.de. Er habe sein Amt in dem deutsch-türkischen Moscheeverband bereits am 8. Februar abgegeben, um weiteren Schaden von seiner Gemeinde abzuwenden, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Vorwürfe wies Keskin jedoch zurück und kündigte an, juristisch dagegen vorzugehen.
Dem Bericht zufolge soll Keskin in den Jahren 2013 bis 2021 auf Facebook und WhatsApp Hassbotschaften gegen Juden und Armenier sowie Verschwörungsmythen veröffentlicht haben. In den meist türkischsprachigen Posts heiße es unter anderem “Jerusalem gehört den Muslimen” und “armenische Bastardhunde”. Keskin habe auch einen Beitrag geteilt, in dem Papst Franziskus und der türkische Rechtsextremist Mehmet Ali Agca zu sehen sind, der 1981 bei einem Attentat Johannes Paul II. schwer verletzt hatte. Weil Franziskus den Völkermord an den Armeniern als historische Realität anerkenne, müsse sich dieser nicht wundern, wenn man ihm in den Kopf schießt, heiße es in dem Beitrag sinngemäß.
“Wir sind erstaunt darüber, dass die antisemitischen Statements Keskins in der Göttinger Zivilgesellschaft niemanden aufgefallen sind bzw. auffallen wollten”, zitiert welt.de den sozialistischen Jugendverband Die Falken. Der Verband hatte die Beiträge recherchiert, nachdem die Ditib-Jugend Niedersachsen einen Antrag auf Vollmitgliedschaft im niedersächsischen Landesjugendring gestellt hatte.
Er habe keine antisemitische Einstellung, sagte Keskin der KNA. Die umstrittenen Postings stammten von ihm, richteten sich aber vor allem gegen die israelische Politik, die er auch weiterhin kritisiere. “Aber ich würde niemals sagen, dass der Holocaust eine Lüge war.” Mit dem Bild von Papst Franziskus habe er die Aussage des Papstes zu den Armeniern kritisieren wollen. “Ob dieser Post dazu der richtige Weg war, hätte man vielleicht besser überlegen sollen”, so Keskin.
Keskin hatte sich in den vergangenen Jahren häufig für den interreligiösen Dialog eingesetzt. Er war unter anderem beim Runden Tisch der Abrahamsreligionen in Göttingen engagiert.
Der Berichterstatter für Religionsgemeinschaften der Unions-Bundestagsfraktion, Christoph de Vries (CDU), nannte Mustafa Keskin auf welt.de “das typische Gesicht des politischen Islamismus”. Bei ihm sei die Janusköpfigkeit zu erleben, die von Ditib-Vertretern in anderen Fällen bereits bekannt sei. Der Fall zeige erneut, dass bei Ditib höchste Wachsamkeit und Zurückhaltung in der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit geboten sei.
Dem Bericht zufolge hat Keskin sein Amt auf Aufforderung des Ditib-Landesverbands Niedersachsen-Bremen niedergelegt. Keskin sagte dagegen der KNA, auf eigene Initiative zurückgetreten zu sein. Er bleibe aber Mitglied der Ditib Gemeinde und werde nach Klärung der Angelegenheit wieder für den Vorstand kandidieren.
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