Mainz (KNA) Nach Ansicht des Grünen-Politikers Volker Beck geht die deutsche Politik zu naiv mit dem Islamverband Ditib um. “Es herrscht leider immer noch weitgehend Unwissenheit über die Struktur der islamischen Organisationen”, sagte Beck in einem Interview der “Mainzer Allgemeinen Zeitung” (Montag). “Zum Teil ignoriert man Fakten, zum Teil fehlt es an systematischer Grundlagenforschung”, kritisierte Beck. Er sei immer wieder erstaunt, “wie leicht sich die deutsche Politik einlullen lässt”.
Beck betonte: “Wir müssen wissen, mit wem wir es zu tun haben und was in den Moscheen gepredigt wird.” So wie es für Außenpolitik die Stiftung Wissenschaft und Politik gebe, “bräuchten wir für die Religionspolitik einen Think Tank”.
Nach Becks Ansicht wäre eine “Kooperation auf Distanz” die richtige Herangehensweise. “Nordrhein-Westfalen bietet islamischen Religionsunterricht an, ersetzt aber die Rolle der islamischen Organisationen wie Ditib oder Schura durch eine Kommission, in der diese vertreten sind”, sagte Beck. Das halte er für ein gutes Provisorium. Für die muslimischen Eltern und ihre Kinder schaffe man so ein gleichwertiges Angebot zum konfessionellen Religionsunterricht, “ohne Demokratiefeinden unkontrollierten Einfluss zu gewähren”.
Ende März hatte der Vorsitzende des rheinlandpfälzischen Islamverbands Ditib, Yilmaz Yildiz, seinen Rücktritt erklärt. Der Grund: Der Islamverband hatte den umstrittenen türkischen Historiker Ahmet Simsirgil zu einem Online-Vortrag eingeladen. Simsirgil war bereits mit antiwestlichen, antizionistischen und homosexuellenfeindlichen Äußerungen aufgefallen.
Der Rücktritt von Yilmaz Yildiz reiche nicht für einen Kurswechsel aus, mahnte Beck: “Er ist nur ein Bauernopfer.” Auf die Frage, ob die rheinland-pfälzische Landesregierung die Gespräche mit Ditib über Zielvereinbarungen nun beenden müsse, sagte der Grünen-Politiker: “Rheinland-Pfalz sollte jetzt einen Schlussstrich ziehen.” Man habe “Ditib zu Unrecht eine Chance gegeben” und die habe der Islamverband “selbst verspielt”. Volker Beck (60) saß von 1994 bis 2017 für die Grünen im Bundestag und war zuletzt ihr Sprecher für Religionspolitik.
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