Bonn (KNA) Im Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Vorstandsvorsitzende des Sozialdiensts muslimischer Frauen (SmF) von einem Milieu-Problem in der Corona-Krise gesprochen. Ayten Kilicarslan bezog sich auf eine eigene Telefonbefragung unter den betreuten Personen des Vereins. Demnach seien 19 Prozent mehr von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit betroffen als vor Corona, so Kilicarslan am Dienstag in Bonn. Viele Befragte hätten zudem angegeben, Probleme mit Homeschooling, Kinderbetreuung und angespannten Wohnverhältnissen zu haben. Wegen der Pandemie müsse der SmF zur Zeit hauptsächlich telefonisch Unterstützung anbieten.
Bundespräsident Steinmeier erklärte, er wolle bei dem Treffen in der Villa Hammerschmidt erfahren, was die Arbeit des Verbands auszeichne und wie es den Menschen in der gegenwärtigen Situation gehe. Der Verein wurde 2016 in Köln gegründet und unterhält acht Standorte in der Bundesrepublik.
Zur Zeit helfen sie vielen Senioren bei der Registrierung und Wahrnehmung von Impfterminen, wie die drei SmF-Vertreterinnen, die an dem Treffen teilnahmen, erklärten. Grundsätzlich bezeichneten die Frauen Desinformation zur Corona-Krise als Problem. Migranten verfolgten die Entwicklung der Pandemie auch durch ausländische Medien. Verschwörungstheoretiker gebe es auch bei ihnen.
Es gehe bei der Arbeit des SmF darum, Frauen zu stärken, sagten die Verbandsvertreterinnen. Dazu gehöre es auch, religionssensibel zu handeln. Es bräuchte jedoch nicht nur eine Stärkung der Frauen, sondern auch “Unterstützung von oben”.
Ziel des Vereins war es laut Vorsitzender zu Beginn unter anderem, das erste Frauenhaus in muslimischer Trägerschaft ins Leben zu rufen. Im Rahmen des Bundesprogramms “Menschen stärken Menschen” kümmere sich der Verband aktuell um etwa 4.500 Männer und Frauen. Dabei würde er von rund 500 Ehrenamtlichen unterstützt, 40 Prozent von ihnen seien Männer. Der SmF arbeite zudem religionsübergreifend.
Vor 60 Jahren kamen die ersten türkischen Gastarbeiter nach Deutschland. In diesem Jahr werde an das Datum erinnert, so Steinmeier. “Muslime sind Teil dieser Gesellschaft, selbstverständlich”, sagte er.
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