Von Volker Hasenauer (KNA)
Freiburg/Stuttgart (KNA) Im Konflikt um die verweigerte Lehrerlaubnis für den Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi zeichnet sich bislang keine Lösung ab. Einen ersten Antrag Ourghis hat die dafür zuständige Stiftung Sunnitischer Schulrat zuletzt abgelehnt. Die Entscheidung wird nun nach dem Einspruch Ourghis von einer Schiedskommission geprüft. Wann die mit drei Personen besetzte Kommission entscheidet, ist unklar.
Dem Vernehmen nach hat die Stiftung zudem einem weiteren Islamwissenschaftler, dem bislang an der Pädagogischen Hochschule Weingarten lehrenden Abdel-Hafiez Massud, die Lehrerlaubnis verweigert. Auch dieser Fall liegt bei der Schiedskommission.
Ourghi wirft der Stiftung vor, seine akademische Karriere sabotieren zu wollen. Die Stiftung weist dies zurück und betont, die Ablehnung basiere auf der vom Land Baden-Württemberg gemeinsam mit der Stiftung vereinbarten Satzung, wonach Lehrbefugnisse an Hochschullehrer nur dann erteilt werden können, wenn diese ein Lehramtsstudium im Fach Islamische Theologie/Religionspädagogik oder einen “gleichwertigen” akademischen Abschluss haben.
Es gehe somit allein um formale Gründe und keineswegs um inhaltliche Kritik an Positionen Ourghis, sagte der Geschäftsführer der Stiftung, Amin Rochdi, am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zudem gelte es, das Votum der von der Stiftung unabhängigen Schiedskommission abzuwarten. Danach werde sich die Stiftung erneut äußern, ob die Lehrbefugnis erteilt werden könne oder nicht.
Auch die PH Freiburg, wo Ourghi seit 2011 den Fachbereich Islamische Theologie/Religionspädagogik leitet, betonte, zunächst die Entscheidung abwarten zu wollen. Zugleich sagte Rektor Ulrich Druwe, die Stiftung Sunnitischer Schulrat verkenne, dass Ourghi sein Studium der Islamwissenschaft an der Universität Freiburg mit einer “grundständigen Promotion” abgeschlossen habe. Die PH erkenne dies als Basis für eine Lehrbefähigung an.
Ourghi wirft der Stiftung vor, ihn wegen seiner liberalen Positionen für eine moderne Islamauslegung zu behindern. Er hat sich wiederholt für eine grundlegende Reform von Theologie und religiöser Praxis des Islam ausgesprochen. Nötig sei eine islamische Aufklärung und die Ausbildung eines europäischen Islams. Scharfe Kritik übt der Wissenschaftler an verschiedenen islamischen Verbänden in Deutschland, die für einen rückwärtsgewandten, extrem konservative Religion stünden.
Ourghi bezeichnet auch die Stiftung Sunnitischer Schulrat, die vom Landesverband der Islamischen Kulturzentren Baden-Württemberg und von der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland getragen wird, als extrem konservativ. “Diese Verbände vertreten nicht die Mehrheit der Muslime in Baden-Württemberg.”
Die Stiftung wiederum betont, dass für die Erteilung der Lehrbefugnis keineswegs eine Zugehörigkeit zu bestimmten Verbänden Voraussetzung sei. Die Konstruktion der Stiftung gehe auf die Initiative des Landes Baden-Württemberg zurück.
Eingerichtet wurde die Stiftung auf Basis eines im Juli 2019 geschlossenen Vertrags zwischen Baden-Württemberg und den beiden Verbänden. Zu den Aufgaben der Stiftung gehört es, den islamischen Religionsunterricht an Schulen zu organisieren. Derzeit nehmen landesweit rund 6.000 Mädchen und Jungen an 86 Schulen am islamischen Religionsunterricht teil. Künftige islamische Religionslehrerinnen und -lehrer werden derzeit an den Pädagogischen Hochschulen Freiburg, Karlsruhe, Ludwigsburg und Weingarten ausgebildet. Im Wintersemester 20/21 waren hier rund 200 Studierende eingeschrieben. Zudem gibt es an der Uni Tübingen etwa 100 Studierende im Fach “Islamische Religionslehre”.
Das Kultusministerium betonte auf Anfrage, es sei ein wichtiges Anliegen, den islamischen Religionsunterricht im Land weiter auszubauen. In den Streit um die Lehrerlaubnisse wolle man sich aber nicht einschalten. Die Vergabe sei “originäre Aufgabe” der Stiftung, so ein Ministeriumssprecher.
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