Brüssel (KNA) Die EU muss nach den Worten des Extremismusexperten Matthias Biesemans den politischen Einfluss islamischer Länder auf Muslime in Europa stärker zurückdrängen. In den vergangenen zehn Jahren habe der Einfluss undemokratischer Staaten wie Saudi-Arabien, der Türkei oder Marokko auf das religiöse Leben in den Moscheegemeinden deutlich zugenommen und werde mit großen Geldsummen ausgebaut, sagte der Berater des EU-Koordinators für die Terrorismusbekämpfung am Montag bei einem Online-Panel.
Den Staaten gehe es bei der Entsendung von Imamen nach Europa nicht um spirituelle Unterweisung, sondern um die Stärkung politischer Loyalität gegenüber dem Herkunftsland und identitäre Abgrenzung. “Damit darf sich Europa nicht abfinden”, so Biesemans bei der Veranstaltung zum Thema Imamausbildung in Europa, zu der das von der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) initiierte Institute for Freedom of Faith and Security in Europe (IFFSE) eingeladen hatte. Immer mehr Muslime empfänden sich heute als “europäische Muslime”.
Untersuchungen haben Biesemans zufolge gezeigt, dass etwa in Moscheen, die der türkischen Religionsbehörde Diyanet unterstehen – in Deutschland wären dies die Gemeinden des türkisch-islamischen Verbands Ditib – nur 10 bis 15 Prozent der Freitagspredigten spirituelle Inhalte behandelten. Ansonsten gehe es vor allem um die politische Loyalität gegenüber der Türkei und die Identität der Gläubigen als türkische Muslime.
Der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner und Oberrabbiner von Moskau, Pinchas Goldschmidt, erklärte, die europäischen Staaten sollten sich zwar prinzipiell nicht in die religiöse Lehre von Imamen einmischen. Es müsse aber sichergestellt sein, dass deren zunehmende Ausbildung an Lehrstätten innerhalb der EU auf den europäischen Grundwerten beruhe. “Wir müssen dafür sorgen, dass Religion nicht für politische Zwecke instrumentalisiert wird”, betonte Goldschmidt.
Die muslimische Religionspädagogin und Grünen-Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor warnte bei dem Panel vor den Schwierigkeiten einer allzu zentralisierten Imamausbildung in der EU. Dafür sei der Islam zu vielfältig. Aufgabe sei es vielmehr, unterschiedliche theologische Schulen an einen Tisch zu bringen. Imame müssten außerdem in den gesellschaftspolitischen Debatten in Europa rund um Muslime geschult sein. Diese reichten von Islamfeindlichkeit bis Islamismus, so die Gründungsvorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes.
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