Jerusalem (KNA) Um auf dem Tempelberg ungehindert beten zu können, sind einige radikale jüdische Tempelbergaktivisten dazu übergegangen, sich als Muslime auszugeben. Damit umgehen sie das Gebetsverbot für Nichtmuslime an der umstrittenen heiligen Stätte in Jerusalem, wie der britische Sender BBC am Dienstag berichtete.
“Die Mission ist die Rückeroberung des Tempelbergs”, erklärte der Leiter der Aktivistengruppe “Rückkehr zum Berg”, Raphael Morris, gegenüber dem Sender. Als religiöser und zionistischer Jude sei er der Überzeugung, dass der Tempelberg aufgrund der biblischen Versprechungen in jüdische Hände gehöre. Ultimatives Ziel sei der Bau des dritten Tempels anstelle des Felsendoms.
Mitglieder der Gruppe lernen demnach Arabisch und verkleiden sich als Muslime, um den Tempelberg ohne die für nichtmuslimische Besucher geltenden Beschränkungen betreten zu können. Vor Ort schlössen sie sich etwa zu den islamischen Gebetszeiten muslimischen Gruppen an und rezitierten leise jüdische Gebete.
Morris und weitere Mitglieder der Gruppe waren in der Vergangenheit wiederholt wegen Verstößen gegen den geltenden Status quo auf dem Tempelberg, arabisch Haram al-Scharif, festgenommen worden. Unter anderem sollen sie 2017 versucht haben, eine Schlachtopfer-Zeremonie zum Pessachfest an der Stätte vorzunehmen. Zudem soll die Gruppe Prämienzahlungen von umgerechnet 500 Euro für jeden ausgelobt haben, der auf dem Tempelberg beim Beten festgenommen wird.
Der Tempelberg ist für Juden, Muslime und Christen eine wichtige heilige Stätte. Bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 befand sich an dieser Stelle der jüdische Tempel, zentrales Heiligtum Israels. Zahlreiche biblische und religiöse Überlieferungen wie die Erschaffung Adams und Evas, die Opferung Isaaks oder aufseiten des Islam die Himmelsreise Mohammeds sind mit dem Ort verbunden.
An Besuchen nationalistischer Israelis auf dem Tempelberg sowie an jüdischen Forderungen nach Gebetsrechten entzündete sich in der Vergangenheit wiederholt teils gewalttätiger Protest von Palästinensern. Der geltende Status quo gestattet Nichtmuslimen den Besuch, das öffentliche Gebet ist auf dem Tempelberg Muslimen vorbehalten.
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