Terroranschläge und Geld für Moscheen verändern den Norden.
Die Gewalt aus Burkina Faso und Niger schwappt zunehmend nach Benin über. Priester wie Imame achten daher besonders auf Entwicklungen, die das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen beeinträchtigen könnten.
Von Katrin Gänsler (KNA)
Cotonou (KNA) Priester Denis Kocou muss nur wenige Minuten zu Fuß gehen, wenn er Ibrahim Guerra treffen möchte. Das Haus des Imams liegt direkt hinter der katholischen Marienkirche in Gogounou, einer Stadt im Norden Benins, die zur Diözese Kandi gehört. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung sind Muslime. Die beiden Männer besuchen sich gegenseitig an christlichen und muslimischen Feiertagen, sprechen über
das, was gerade in der Stadt passiert, und haben ein gemeinsames Ziel: Das Zusammenleben soll friedlich bleiben. “Das funktioniert bisher gut”, betont der Priester, der seit 2006 hier arbeitet. Kleine Missverständnisse seien selten.
Das sagt auch drei Autostunden weiter südlich in der Stadt Parakou Pascal N’Koue im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er ist Erzbischof der gleichnamigen Erzdiözese. “Wir leben gut zusammen und verstehen uns.” Besondere Projekte, die in anderen Ländern gezielt Christen und Muslime zusammenbringen, hält er für nicht notwendig. Man habe den Alltag stets gemeinsam gestaltet.
Tatsächlich ist Benin mit seinen 13 Millionen Einwohnern für religiöse Toleranz bekannt. Im Süden wird neben Christentum und Islam noch Voodoo praktiziert. Die alte Religion, zu der sich offziell rund 6 Prozent der Bevölkerung bekennen, hat mit dem 10. Januar sogar einen eigenen Feiertag. Trotzdem verändert sich gerade im Norden einiges. Grund dafür sind die Entwicklungen in den Nachbarländern Burkina Faso und Niger, wo Terrorgruppen, die Al-Kaida und dem “Islamischen Staat” nahe stehen, regelmäßig Anschläge verüben. Lange wurde gehofft, dass sich die Gewalt nicht auf die Küstenstaaten ausbreitet.
Doch seit Ende November verzeichnete Benin gleich drei Anschläge; in Porga, Banikoara und zuletzt im Februar im Nationalpark W, der sich auch auf die Länder Burkina Faso und Niger erstreckt, aber für Besucher geschlossen ist. Acht Menschen starben nach Informationen des Unternehmens “African Parks”, das die Parks W und Pendjari im Nordwesten betreibt. Wer dafür verantwortlich ist, lässt sich nicht
immer sagen. Es gibt auch Spekulationen, dass bewaffnete Gruppierungen Misstrauen säten, um leichter Waren durch die Region schmuggeln zu können.
Im Norden sorgt das zunehmend für Angst. “Ich erlebe den Islam als tolerant. Doch es gibt Extremisten, wie wir in den Nachbarländern beobachten”, sagt Denis Kocou. Der Priester beobachtet auch, dass Prediger aus dem Ausland kämen und eine “andere Version des Islam” einführen wollen. Das sorge für Spannungen unter den Muslimen. Kleine Meinungsverschiedenheiten, ob etwa das Mittagsgebet um 13.00 oder
um 14.00 Uhr gesprochen wird, würden zu Grundsatzdebatten. Oft stammen solche Ideen aus den Golfstaaten. Kontakte nach Saudi-Arabien haben in den vergangenen Jahrzehnten etwa das Wahhabitentum nach Westafrika gebracht. In Benin spielt es bislang noch keine Rolle.
Zwischen Parakou und Kandi, aber auch entlang der Straße nach Natitingou ist vor allem Kuwait allgegenwärtig. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Moscheen entstanden, häufg in Verbindung mit Brunnen. Erzbischof N’Koue: “Moscheen entstehen überall, aber keine Kirchen.” Traditionell ist der Norden muslimisch geprägt, während sich das Christentum ab 1861 von der Küste ins Landesinnere ausbreitete.
Viele Muslime freut das Engagement der Golfstaaten. Häufg wird betont, es handele sich um private Spenden, die auf die Almosengabe Zakat zurückgehen. Der junge Zoulkaneri Assouma jedenfalls ist so begeistert von der Präsenz, dass er am liebsten selbst in Saudi-Arabien studieren würde. “Dort kommt der Islam her. Ich möchte dort unbedingt studieren und suche nach einem Stipendium”, sagt er. Der Kontakt ist aber noch aus einem anderen Grund eng: wegen der Pilgerfahrt nach Mekka. Auch einen regen politischen Austausch gibt es. Zuletzt empfing Präsident Patrice Talon Anfang März einen Vertreter des saudischen Königs in Cotonou.
In Gogounou kommt Imam Ibrahim Guerra gerade vom Mittagsgebet. Er gehört zu jenen, die die Entwicklung kritisch sehen. “Wir würden gern wissen, wer genau dahinter steckt. Es geht um enorme Summen.” Er befürchtet, dass der Trend zu einer weiteren Destabilisierung der islamischen Gesellschaft führen könnte, und sagt: “Die Menschen, die das gut fnden, lieben Geld doch viel mehr als Allah.”
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