Frankfurt (KNA) Junge Musliminnen und Muslime in Deutschland wollen laut einer Studie nicht zuerst als migrantisch und muslimisch defniert werden. Die Befragten fühlten sich in Deutschland zu Hause, planten hierzulande ihre Zukunft, engagierten sich in der Flüchtlingshilfe, der Feuerwehr oder der Politik und empfänden zugleich Unentschlossenheit gegenüber der Bundesrepublik, fasste die Goethe-Universität Frankfurt am Montag zentrale Ergebnisse ihrer “Ditib-Jugendstudie” zusammen. Beispielsweise könnten sich die Jugendlichen nicht vorstellen, in Deutschland beerdigt zu sein.
Die Universität untersuchte im Auftrag des Ditib-Moscheeverbands die Einstellungen junger Musliminnen und Muslime zu lebensweltlichen und gesellschaftlichen Fragen mit Schwerpunkt Religion.
Als Ergebnisse formuliert die Studie weiter: Viele Befragte hätten Diskriminierungserfahrungen gemacht, etwa in der Schule. Sie hätten ein positives Bild staatlicher Regelsysteme. Im Ditib-Moscheeverband fänden die Jugendlichen einen “Ersatz für die türkische Heimat ihrer Eltern und Familien”. Allerdings forderten sie mehr deutschsprachige Imame und ein stärkeres Zugehen des Verbands auf nicht-muslimische Bürger. Kopftuchzwang und Zwangsehen lehnten sie ab.
Die Studienautoren sprechen dem Ditib-Moscheeverband die Fähigkeit zu, durch religiöse Grundbildung zur Stabilisierung der Persönlichkeit beizutragen und somit Integration mitzugestalten. “Es ist genau diese religiöse Matrix für lebensweltliche Orientierung, die radikalen Muslimen oft fehlt”, sagte Studienautor Harry Harun Behr. Zugleich forderte er den Moscheeverband auf, “kritische Refexion als Chance für bewusstere Religion zu begreifen und nicht als Angriff auf den Glauben”. Eine Herausforderung bestehe darin, die eher “säkulare Spiritualität” der jungen Generation aufzugreifen.
Die Studie umfasst 185 Seiten und will Impulse für die Jugendarbeit in islamischen Gemeinden in Deutschland geben, aber auch für die Politik und Bildungsinstitutionen. Befragt wurden den Angaben zufolge zwischen Mitte und Ende April 2021 junge Menschen zwischen 14 und 27 Jahren, die sich selbst als muslimisch bezeichnen, sich ehrenamtlich im Jugendverband des Ditib-Moscheeverbands engagieren und in Deutschland beheimatet sind. Ausgewertet wurden demnach Antworten von 500 Befragten.
Die Studie geht auf folgende Themenfelder ein: Beheimatungen, Anerkennung, Gesellschaft und Demokratie, Diskriminierung, Engagement, Lebensplanung und Zukunftsvorstellung, Liebe und Freundschaft, Religionsverständnis, Familie und Religion, religiöse Orientierung und Führung, die Wahrnehmung der Ditib, Bildungsfragen.
Internet: Infos zur Studie “Lebensweltliche Einstellungen junger Muslim:innen in Deutschland”
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