München (KNA) Im Iran gibt es nach den Worten des dortigen Oberrabbiners Yehuda Gerami “viel weniger Antisemitismus” als in Europa. “So brauchen zum Beispiel die Synagogen keine Sicherheitsmaßnahmen. Unsere Einrichtungen, die Schulen, keine einzige von ihnen braucht ein Sicherheitskonzept”, sagte der 37-Jährige im Interview der Deutschen Welle (Mittwoch) während der bis Mittwoch andauernden Generalversammlung der orthodox geprägten Konferenz Europäischer Rabbiner (CER) in München. “Wir haben wunderbare Beziehungen mit unseren muslimischen Nachbarn. Sie respektieren uns, und wir respektieren sie unsererseits.”
Die Muslime sähen in den Juden keine Fremden, so Gerami weiter. “Denn der Iran ist unsere Heimat. Wir sind schon gut 2.700 Jahre im Iran, seit dem Exil von Ashur in der Assyrerzeit.” Derzeit leben nach Angaben des Oberrabbiners ungefähr 20.000 Juden im Iran. Auch wenn immer wieder Menschen das Land verließen, habe sich die Zahl in den vergangenen zehn Jahren nicht verändert. “Wir haben für uns völlige Religionsfreiheit. Die Synagogen und die jüdischen Lehrhäuser stehen offen, wir haben koscheres Schächten samt Koscher-Zertizierung, wir haben auch sonst alles, was eine jüdische Gemeinde braucht wie zum Beispiel eine Mikwe, ein rituelles Bad.”
Mit den Sanktionen, unter denen das Volk leide, werde die jüdische Gemeinschaft nicht in Verbindung gebracht, betonte der Oberrabbiner. “Da unterscheidet sowohl das iranische Volk als auch die Regierung zwischen der Religion und der Politik. Es ist selbstverständlich, dass wir keine Beziehungen mit der israelischen Politik haben, und wir mischen uns auch nicht in die Politik ein.” Der gebürtige Teheraner Gerami ist seit elf Jahren Oberrabbiner in seiner Heimat. Ordiniert wurde er im Jahr 2010 in den USA.
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