Eigentlich sollten Juden, Christen und Muslime schon längst im Berliner „House of One“ unter einen Dach beten. Doch viele Probleme haben den Bau gebremst. Die Bauherren bleiben trotzdem zuversichtlich. Von Gregor Krumpholz (KNA)
Berlin (KNA) Über zehn Jahre Planungen und noch immer ragen keine Mauern in die Höhe: Wo andere Bauherren verzweifeln würden, geben sich die Träger des Berliner Projekts „House of One“ optimistisch. „Es ist keine verlorene, es ist eine geschenkte Zeit“, versichert Pfarrer Gregor Hohberg trotz der Verzögerungen etwa wegen archäologischer Ausgrabungen und Umweltschutzauflagen. „So können wir einander immer besser kennenlernen und immer mehr vertrauen“, erklärt der Geistliche von Sankt Petri-Sankt Marien.
Aus der evangelischen Innenstadtgemeinde, der Jüdischen Gemeinde zu Berlin mit der Rabbiner-Ausbildungsstätte Abraham-Geiger-Kolleg sowie dem muslimischen Verein Forum Dialog kam die Initiative zu dem weltweit beachteten Vorhaben. Es soll ein Bet- und Lehrhaus für Juden, Christen und Muslime werden. Sie können dort in getrennten Sakralräumen nach ihren Traditionen Gottesdienst feiern und in einem zentralen Saal – auch mit nichtreligiösen Besucherinnen und Besuchern – zusammentreffen. Der Name „House of One“ („Haus des Einen“) bezieht sich auf den Glauben der beteiligten Religionen an einen Gott.
Wie der Sakralbau aussehen wird, ist seit einem Jahrzehnt klar. Bei einem Architektenwettbewerb erhielt das Berliner Büro Kuehn Malvezzi den Zuschlag. Danach wird er aus hellen Ziegeln in kubischen Formen errichtet – mit einem 42 Meter hohen Turm, der die umliegenden Gebäude rund 20 Meter überragt. Darin folgt das „House of One“ der Tradition der kriegszerstörten Petrikirche, auf deren Fundamenten es entsteht.
Weniger auffällig ist der Informationscontainer mit Aussichtsterrasse, den Hohberg zusammen mit Rabbiner Andreas Nachama und Imam Kadir Sanci am Mittwoch beim Bauplatz mit Segensgebeten ihrer Religionen einweihten – zwei Jahre nach der Grundsteinlegung des Projekts. Die „House of OneBox“ soll in den kommenden Jahren eine Anlaufstelle werden, in und auf der man sich über den Baufortschritt informieren kann.
Dort will das House-of-One-Team auch einen Teil seines Bildungsprogramms anbieten, wie Esther Hirsch, die Theologische Referentin der Trägerstiftung, ankündigte. Seit 2014 wirbt das Team in zahlreichen Veranstaltungen nicht nur für das Bauprojekt. Mit Bildungs- und Präventionsangeboten tritt es etwa vor Schulklassen oder Polizistinnen und Polizisten für religiöse Toleranz sowie gegen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit ein, überdies in einem interreligiösen Podcast „331 – drei Frauen, drei Religionen, ein Thema“. Auch liegt der Stiftung die Vernetzung mit vergleichbaren Projekten etwa in der Zentralafrikanischen Republik, in Georgien und Israel am Herzen.
Stefanie Remlinger (Grüne), Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Mitte, zollte diesem Engagement großes Lob. Das Zusammenleben von Menschen aus über 100 Nationen in Berlin mit vielen verschiedenen Kulturen und Religionen sei nicht selbstverständlich, weil es wenig Wissen voneinander gebe, erklärte die Politikerin. Sie versprach, dass der Bezirk Mitte seine Kooperation mit dem „House of One“ auch vertraglich festschreiben wolle.
Auf Unterstützung ist das Projekt mehr denn je angewiesen. Derzeit veranschlagt die Trägerstiftung 69,5 Millionen Euro an Baukosten, wie deren Leiter Roland Stolte angab. Das sind über 22 Millionen Euro mehr als noch vor drei Jahren. Als Grund nannte er stark gestiegene Lohn- und Materialkosten. Bislang hat der Bund 28,7 Millionen Euro und das Land Berlin 16,9 Millionen Euro bereitgestellt. Als private Spenden verzeichnet die Stiftung 4,85 Millionen Euro und als Eigenmittel 2,7 Millionen Euro.
Bei der weiterhin laufenden Spendenkampagne kann man für zehn Euro einen Ziegelstein finanzieren und so selbst an dem ambitionierten Projekt mitbauen. Dem langen Weg bis zur Eröffnung des Bet- und Lehrhauses kann auch Stolte positive Seiten abgewinnen: „So werden immer mehr Menschen einbezogen, und das Projekt zieht immer weitere Kreise“, gibt er sich zuversichtlich.
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