Die Jesiden gelten als verfolgte Minderheit, insbesondere im Irak sollen sie tödlichen Gefahren ausgesetzt sein. Ihr Schutz in Deutschland ist nicht gesichert – bis jetzt. Ein erstes Bundesland will nun Fakten schaffen
Düsseldorf (KNA) Als erstes Bundesland hat Nordrhein-Westfalen einen sofortigen Abschiebestopp für jesidische Frauen und Kinder verhängt. Grundlage ist ein Erlass des zuständigen Fluchtministeriums in Düsseldorf, wie dieses am Montag bestätigte. Die Regelung gilt demnach für drei Monate mit der Option, sie einmal um drei Monate zu verlängern.
„Die Berichte über die Situation für diese Gruppe im Nordirak sind besorgniserregend“, erklärte NRW-Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne). Insbesondere jesidische Frauen und Kinder seien im Nordirak erheblichen Gefahren ausgesetzt. So sei es in den Siedlungsgebieten im Irak immer wieder zu Zwangsprostitution, Rekrutierung von Kindersoldaten und Versklavung gekommen. Laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen seien zahlreiche Frauen durch IS-Kämpfer verschleppt und verkauft worden. „Die irakische Regierung ist laut Einschätzung des Auswärtigen Amtes nicht in der Lage, den Schutz von religiösen Minderheiten in vielen Gebieten sicherzustellen.“
Paul kritisierte, dass Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD) bislang keinen bundesweiten Abschiebestopp für die Jesiden verhängt habe. Sie selbst habe sich mehrfach dafür eingesetzt. „Aus der verheerenden menschenrechtlichen Situation, insbesondere für Frauen und Kinder, zieht Ministerin Faeser aber leider keine Schlüsse und zeigt sich untätig.“
Jesiden sind eine religiöse Minderheit unter den Kurden mit mehreren hunderttausend Mitgliedern. Sie leben vor allem im nördlichen Irak. Viele sind jedoch vor der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) geflüchtet. Der Deutsche Bundestag hatte im Januar die Verbrechen des IS an den Jesiden als Völkermord anerkannt. Der jesidische Glaube vereint Elemente verschiedener nahöstlicher Religionen, vor allem aus dem Islam, aber auch aus dem Christentum.
Von Januar bis September dieses Jahres seien in Deutschland knapp 4.000 Asylanträge von Jesiden gestellt werden, so das Ministerium unter Berufung auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Mutmaßlich knapp 2.900 Antragsteller stammten aus dem Irak.
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