Die diesjährige Wallfahrt nach Mekka geht als Hitze-Katastrophe in die Geschichte ein. Angeblich starben bei den glühenden Temperaturen Hunderte Menschen. Schuld sind fehlende Vorkehrungen der Saudis, meint eine Expertin.
Berlin (KNA) Angesichts der Berichte über Hunderte Hitzetote bei der diesjährigen Wallfahrt nach Mekka wächst die Kritik an Saudi-Arabien. „Bei den Toten in Mekka handelt sich um ein Versäumnis der Regierung“, sagte Landesexpertin Madawi al-Rasheed der Berliner „tageszeitung“ (online Mittwochabend). Das Königreich nehme den Klimawandel nicht ernst. Zwar sei der Klimawandel natürlich ein globales Problem; aber bei den Vorbereitungen für den Haddsch habe man „die Tatsache offensichtlich nicht berücksichtigt, dass die Temperatur heutzutage bei 50 Grad liegen kann, wenn die Pilgerzeit in den Sommer fällt“.
Wie in früheren Fällen werde Saudi-Arabien nun wieder die Pilger selbst für das Geschehen verantwortlich machen, so die Sozialanthropologin, die als Gastprofessorin an der London School of Economics lehrt. „In der Vergangenheit hieß es in saudischen Medien oft, die Toten, wenn sie aus armen afrikanischen Ländern kamen, seien ignorant gewesen und hätten die Anweisungen nicht befolgt. Da ist auch viel Rassismus im Spiel.“ Al-Rasheed kritisierte eine mangelnde Transparenz und Konsequenzen. „Das Problem ist, dass in Saudi-Arabien niemand verantwortlich gemacht wird. Wir werden nie erfahren, warum die Menschen in Mekka keine Erste Hilfe bekommen haben und warum die Leichen nicht eingesammelt wurden.“
Als Grundproblem bezeichnete die Wissenschaftlerin eine Kommerzialisierung der Wallfahrt nach Mekka, arabisch Haddsch, die als eine der „fünf Säulen des Islam“ zu den religiösen Pflichten von Musliminnen und Muslimen zählt. Zwar habe Saudi-Arabien viel in die Infrastruktur für den Haddsch investiert; doch davon profitierten in erster Linie die Wohlhabenden. „Diese Form von Entwicklung dient nicht dazu, den normalen Pilgern Sicherheit und Komfort zu bieten. Sie sollen nur konsumieren.“
Al-Rasheed forderte einen Rat der muslimischen Länder, der die Wallfahrt koordiniert. Allerdings wolle Saudi-Arabien die prestigeträchtige Kontrolle über die Pilgerfahrt nicht teilen.
Der jährliche Termin für den Haddsch richtet sich nach dem islamischen Mondkalender, der etwa elf Tage kürzer ist als der Sonnenkalender, und wandert deshalb durch die Jahreszeiten. In diesem Jahr waren rund zwei Millionen Pilger nach Mekka gereist, die Geburtsstadt des Propheten Mohammed, um dort die vorgeschriebenen Riten zu erfüllen. Laut Berichten sollen bei Temperaturen von bis zu 51 Grad Celsius an die 900 Menschen gestorben sein. Offizielle Angaben dazu gibt es bislang nicht.
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