Harmonische Nachbarschaft und ein “Tunnel der Brüderlichkeit”
Papst Franziskus ist in Jakarta – der ersten Station seiner großen Asienreise. Dort besucht er die katholische Kathedrale und die Istiqlal-Moschee, die in direkter Nachbarschaft stehen und als Symbol der Toleranz gelten.
Von Michael Lenz (KNA)
Jakarta (KNA) Ein Wachmann am Tor des Geländes der katholischen Kathedrale Mariä Himmelfahrt in Jakarta stoppt ankommende Besucher mit einer Handbewegung und hält westlichen Touristen sein Smartphone entgegen. Auf dem Bildschirm steht auf Englisch: “Die Kathedrale ist derzeit wegen der Vorbereitungen des Besuchs des Papstes geschlossen.”
Sicherheit geht bei Staatsbesuchen vor, besonders in einem Land wie Indonesien, in dem die Gefahr islamistischer Terroranschläge immer präsent ist. Ohne Sicherheitskontrollen kommt in Jakarta niemand in eine Shopping Mall, ein Bürogebäude oder eine Behörde, zu hohen christlichen Feiertagen werden Kirchen durch ein Großaufgebot von Sicherheitskräften geschützt.
Das mehrheitlich islamische Indonesien ist nicht frei von religiösen, oftmals gewaltsamen Konflikten, die von Ultras geschürt werden. Nicht zu Unrecht ist das Land aber auch stolz auf seine Tradition der religiösen Toleranz der Mehrheit seiner Bürger.
Ein nicht nur architektonisches Symbol des harmonischen Miteinanders ist Indonesiens Istiqlal-Moschee (Unabhängigkeitsmoschee) gleich gegenüber der Kathedrale. Von der katholischen Kirche aus hat man einen grandiosen Blick auf die elegante weiße Kuppel der 1975 von der indonesischen Regierung gebauten Moschee. Mit Platz für mehr als 120.000 Menschen ist sie die größte in Südostasien. Beide Gebäude stehen am Unabhängigkeitsplatz von Jakarta.
Die neugotische Kathedrale wurde schon Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, als Jakarta noch Batavia hieß und Hauptstadt des damaligen “Niederländisch-Ostindien” war. Auch ihr Bau galt als Zeichen der Toleranz, nachdem die römisch-katholische Kirche seit 1609 von den protestantischen Niederländern in ihrer Kolonie jahrhundertelang verboten gewesen war.
Anders als die Kathedrale ist die Moschee vor dem Papstbesuch weiter für Gläubige und Touristen geöffnet. Männer, die nur Shorts tragen, erhalten am Eingang einen lilafarbenen, mit Goldbordüren verzierten Sarong, sommerlich gekleidete Frauen gleichfarbige Umhänge mit Kapuze. Hinter der Mauer der beiden großen Gebetsinnenhöfe ragen die beiden Türme der Kathedrale gut sichtbar für betende Muslime hervor. Ein Moschee-Mitarbeiter, der eine Gruppe Touristen durch das islamische Gotteshaus führt, zeigt auf die Türme und sagt: “Sehen Sie, das ist ein Symbol der Harmonie.”
Vor der Moschee sind Arbeiter mit dem Aufbau eines Zeltes beschäftigt. Auf einem niedrigen Podest steht bereits ein prächtiger Sessel mit Armlehnen, auf dem am Donnerstag vermutlich Papst Franziskus Platz nehmen wird. Pater Thomas Ulun Imoyo, Sprecher des indonesischen Organisationskomitees für den Papstbesuch, bestätigt der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass das Treffen zwischen Franziskus und Nasaruddin Umar, dem Großimam der Moschee, in dem Zelt stattfinden wird. Höhepunkt der Begegnung der beiden Religionsführer werde die Unterzeichnung eines gemeinsamen Dokuments der Toleranz sein.
Eine muslimische Studentin aus Pakistan, die sich als Farah vorstellt, freut sich, dass der Papst die Moschee besuchen wird. “Bei uns in Pakistan gibt es viele Konflikte. Ich hoffe, dass der Besuch des Papstes hier in der Moschee auch ein Zeichen für andere islamische Länder setzt”, sagt sie.
An der Straße vor der Kathedrale und der Moschee stehen auf jeder Seite zwei moderne, flache Gebäude aus Glas und Stahl. Es sind die Zugänge zu dem “Tunnel der Brüderlichkeit”, der die Kathedrale und die Istiqlal-Moschee verbinden soll. Das Bauwerk, dessen Eröffnung für den Herbst geplant ist, soll den interreligiösen Dialog und die Einheit zwischen Christen und Muslimen symbolisieren. Besser lässt sich die Botschaft, mit der der Papst nach Indonesien kommt, nicht ins Bild setzen.
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