“Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten”, heißt es in “Nostra aetate”. Die islamische Welt reagierte zunächst zurückhaltend auf das katholische Angebot. “In den folgenden Jahrzehnten wuchs jedoch die Dialogbereitschaft, besonders nach der Einrichtung offizieller Gesprächsforen und bilateraler Kommissionen”, bilanziert Timo Güzelmansur, Leiter der ChristlichIslamischen Begegnungs- und Dialogstelle (CIBEDO) der Deutschen Bischofskonferenz. “Heute gibt es stabile, institutionalisierte Dialogstrukturen.”
Die Muslime ehren Jesus als Propheten. Den Glauben an seine Göttlichkeit lehnen sie aber scharf ab. Dennoch gebe es viele Gemeinsamkeiten, so Güzelmansur: “Der Glaube an den einen Gott, die Bedeutung des Gebets, die ethische Verantwortung des Menschen, der Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit, das sind zentrale gemeinsame Grundlagen.”
Der Dialog zwischen dem Vatikan und den Muslimen ist heute Aufgabe der Kommission für die christlich-islamischen Beziehungen, die der Vatikanbehörde für den Interreligiösen Dialog zugeordnet ist. Skeptiker meinen, der Dialogwille sei auf christlicher Seite deutlich stärker ausgeprägt als bei muslimischen Autoritäten. “Teilweise stimmt das”, meint der CIBEDO-Leiter. “Auf muslimischer Seite entwickelt sich der
Dialog oft pragmatischer. Doch das Interesse wächst, besonders dort, wo gegenseitiges Vertrauen gewachsen ist. Pauschalkritik greift hier zu kurz.”
2001 besuchte Johannes Paul II. in Damaskus als erster Papst eine Moschee. Unter seinem Nachfolger Benedikt XVI. kühlten die Beziehungen der Kirche zur islamischen Welt ab. Doch Papst Franziskus belebte “Nostra aetate” neu. Die “Erklärung zur Geschwisterlichkeit aller Menschen”, die er 2019 mit dem Großimam der Kairoer Azhar-Universität in Abu Dhabi unterzeichnete, gilt als Meilenstein des christlich-muslimischen Dialogs. “Es gibt heute ein dichtes Netz persönlicher Kontakte, gemeinsamer Initiativen, akademischer Kooperationen und Friedensaufrufe”, so Güzelmansur. “Das gegenseitige Verständnis ist deutlich gewachsen.”
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