Liebe Leserinnen und Leser,
über 1000 Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlichster Religionen aus mehr als 120 Ländern fanden sich vom 20. bis 23. August zur 10. Weltversammlung von Religions for Peace (RfP) zusammen. RfP wurde 1970 ins Leben gerufen und widmet sich der Hervorhebung des Friedenspotenzials in den verschiedenen Religionen. Die Organisation engagiert sich weltweit für die Befriedung aktueller Konflikte. Das Thema der diesjährigen Weltversammlung, die alle fünf bis sieben Jahre stattfindet, war „Für unsere gemeinsame Zukunft sorgen – das Gemeinwohl für alle fördern“.
Die Themensetzung und die Arbeitsweise deuten auf die ganzheitliche Perspektive von RfP hin, die die Verwirklichung eines Miteinanders von Menschen zu Menschen, aber auch von Menschen zur Natur bzw. Umwelt anzielt. So berichteten z. B. Buddhisten, Muslime, Christen und Hindus aus Myanmar von ihren Problemfeldern und gegenwärtigen Herausforderungen. Auch Scheich Shaban Ramadhan Mubaje und Erzbischof John Baptist Odama aus Uganda konnten überzeugend darlegen, wie sie zum Friedensprozess in ihrem Land beigetragen haben und dort weiterhin gemeinsam vermitteln.
Seit Gründung von RfP gehört auch die Förderung von Frauen zu den Schwerpunkten der Arbeit. Ein Podium zeigte eindrücklich, wie im Nahen Osten und Nordafrika mutige Frauen für echte Gleichberechtigung, Bildung und Berufschancen für Frauen in patriarchalischen Gesellschaften kämpfen. Dr. William F. Vendly, der RfP 25 Jahre lang als Generalsekretär repräsentierte, übergab sein Amt an die gebürtige Ägypterin und Muslimin Prof. Dr. Azza Karam, die in verschiedenen führenden Positionen bei den Vereinten Nationen gearbeitet hat. Sie ist die erste Frau an der Spitze von RfP. Deutschland würdigte die Arbeit von RfP sowohl durch die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung und des Freistaats Bayern als auch durch die Eröffnungsrede, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hielt: „Wir mögen unterschiedlich sein in unserem Glauben. Aber einen muss uns die gemeinsame Haltung: Religion darf niemals Rechtfertigung von Hass und Gewalt sein. […] Kein Krieg darf geführt werden im Namen der Religion!“
Damit werden auch die Schattenseiten von Religion deutlich. In diesem Sinne erklärten auch die Vereinten Nationen den 22. August zum ersten „Internationalen Tag zum Gedenken an die Opfer von Gewalt aufgrund von Religion oder Glauben“. Gerade deshalb müssen wir gemeinsam an einer Friedensvision arbeiten, wie auch Kardinal Reinhard Marx bei seiner Rede betonte: „Wir stehen auf der Grundlage unserer jeweiligen Religion für Offenheit und Miteinander, für Dialog und Kooperation – und dienen so dem Frieden.“ Es gibt keine Alternative dazu, miteinander zu reden und um Frieden zu ringen. Hier kann jede Person ihren Beitrag im Großen oder Kleinen leisten. Aus Lindau geht eine kräftige Ermutigung für alle Kämpferinnen und Kämpfer für den Frieden!
In diesem Sinne wünsche ich viel Freude bei der Lektüre dieses Heftes.
Ihr Timo Güzelmansur
Inhalt
Studien
Kirche – Moschee – Zivilgesellschaft: Zusammenarbeit in der Kommune. Erfahrungen aus der wissenschaftlichen Begleitung eines Pilotprojekts
Josef Freise
Diyanet und Gülen-Bewegung im Streit um theologische Sichtbarkeit. Die türkische İslam Ansiklopedisi als Projektionsfläche einer politischen Debatte
Florian Volm
Zur Möglichkeit eines gemeinsamen theologischen Sprechens von Christen und Muslimen. Konturen interreligiöser Theoriebildung
Darius Asghar-Zadeh
Dokumentation
Christen und Muslime: Die weltweite Geschwisterlichkeit voranbringen Botschaft des PCID zum Monat Ramadan und ’Id al-Fitr 1440 H./2019 A. D.,
Vatikan, 29. März 2019
„Ohne Frieden zwischen den Religionen und Kulturen gibt es keinen Frieden “
Grußbotschaft des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz zum muslimischen Fastenmonat Ramadan, Bonn, 5. Mai 2019
„Einübung in Respekt, Toleranz und Pluralität auf allen Seiten“
Grußwort zum Fastenmonat Ramadan 2019 des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, 5. Mai 2019
„Wir alle teilen den Glauben an einen barmherzigen Gott“
Grußbotschaft des Bundespräsidenten zum Fest des Fastenbrechens 2019, Berlin, 3. Juni 2019
„Der Mut, einander zu begegnen und die Hände zu reichen, ist ein Weg des Friedens“
Ansprache von Papst Franziskus, Apostolische Reise nach Marokko, Rabat, 30. März 2019
Berichte
Das Menschenbild im islamischen Denken – Klassische und moderne Ansätze. Fachkonferenz der FAU Erlangen-Nürnberg, 13.–14. Februar 2019
Markus Kneer
Wissen und Begegnung als Mittel gegen Ängste. Mathias Rohe zum Verhältnis von Scharia und Grundgesetz Mühlhausen, 5. Juni 2019
Niklas Wagner
Junge Alte – alte Junge. Über das Miteinander der Generationen heute und die Weitergabe von Tradition. 31. Christlich-Islamische Tagung am Pfingstfest
Ralf Lange-Sonntag
Säkularer Islam und Islamismuskritik. Veranstaltung der Goethe-Universität Frankfurt, 14. Juni 2019
Christian Trenk
Paradieshoffnung und Höllenfurcht in der islamischen Kulturgeschichte. Akademieabend der Katholischen Akademie, 24. Juni 2019
Anne Schönfeld
The Concept of Body and the Concept of Soul in Judaism, Christianity and Islam. Tagung der Forschungsstelle KCID, KU Eichstätt- Ingolstadt, 26.–28. Juni 2019
Katja Thörner
Buchbesprechungen
Sperber, Jutta: Die anthropologischen Aspekte in den christlich-muslimischen Dialogen des Vatikan
Dirk Ansorge
Khorchide, Mouhanad/von Stosch, Klaus: Der andere Prophet. Jesus im Koran
Christian W. Troll SJ
Literaturhinweise
Zeitschriftenschau
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