Wien (KNA) Die “Frei-Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich” hat den Status einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft zuerkannt bekommen. Entsprechende Medienberichte bestätigte Kultusamtsleiter Florian Welzig am Freitag der Wiener Presseagentur Kathpress. Der entsprechende Bescheid sei bereits am 13. April ausgestellt worden. Eine Aufnahme der neuen Bekenntnisgemeinschaft in das auf der Internetseite des Bundeskanzleramts einsehbare Register erfolge nach Ablauf der Rechtsmittelfrist.
Österreich hat damit drei rechtlich anerkannte alevitische Glaubensgemeinschaften: 2013 wurde die Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (ALEVI) gesetzlich als Religionsgesellschaft voll anerkannt. Im selben Jahr erhielt die Alt-Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (AAGÖ) die Stellung einer eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft. Damit erlangt eine Glaubensgemeinschaft Rechtspersönlichkeit, ist aber im Unterschied zu den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften keine Körperschaft öffentlichen Rechts. Die Zuerkennung des Status als Bekenntnisgemeinschaft ist die Voraussetzung, um später die volle gesetzliche Anerkennung zu erhalten.
Mit der jetzt erfolgten Eintragung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft geht für die Frei-Aleviten ein jahrelanges rechtliches Ringen zu Ende, das 2009 begonnen hatte, wie deren Bundesvorsitzender, Özgür Turak, im Kathpress-Interview erklärte. Eingebracht wurde der Antrag noch von der Föderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich (AABF). Sie bleibt weiter bestehen und bildet nunmehr die Dachorganisation für die bestehenden kulturell-sozialen Hilfsvereine der Frei-Aleviten.
Streitpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung war laut Turak die Frage, ob die Frei-Aleviten eine islamische Glaubensrichtung und damit prinzipiell unter dem Gesichtspunkt des Islam-Gesetzes zu behandeln seien und inwieweit die Namensgebung zur Verwechslung mit den beiden anderen alevitischen Religionsgemeinschaften führen könnte. Nach einer Ablehnung des Antrags, die auch vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde, wandte sich der Verein 2019 an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. 2020 wurde ein neuer Antrag auf Registrierung beim Kultusamt in Österreich eingebracht, letztlich mit Erfolg.
Wie Turak betonte, verstünden sich die Frei-Aleviten als eine eigenständige Religion, die nicht zum Islam gehöre. Das habe man auch in der Darstellung der Glaubensinhalte deutlich gemacht. Zentraler Inhalt des Glaubens sei der Weg zum “vollkommenen Menschen”. Der Glaube selbst sei nach Auffassung der Frei-Aleviten ein “mystischer Pfad”.
Die in Kleinasien und im Mittleren Osten entstandene Glaubensgemeinschaft, die auf Glaubenslehrer aus dem 13. Jahrhundert zurückblicken könne, habe lange Zeit die religiösen Inhalte nur mündlich tradieren können, so Turak. Der Weg der Alevitinnen und Aleviten hin zu Freiheit und Unabhängigkeit sei stets beschwerlich und bis heute von Diskriminierung und Misstrauen begleitet gewesen. Erst in europäischen Ländern habe sich das Alevitentum frei entfalten können.
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