Frankfurt (KNA) Die Auseinandersetzung der islamischen Theologie mit intensivmedizinischen Entscheidungssituationen steht einer neuen Publikation zufolge erst am Anfang. Aufgrund der “Meinungspluralität in der islamischen Tradition” gebe es die eine “islamische Antwort” auf eine bestimmte medizinethische Frage nicht, betonte Serdar Kurnaz vom Berliner Institut für Islamische Theologie am Dienstag in Frankfurt. “Eine Vereinfachung in Erlaubtes und Verbotenes ist aufgrund der Komplexität und der Tragweite vieler Entscheidungen, seien sie medizinisch oder theologisch begründet, nicht möglich”, so Kurnaz.
Er ist Mitautor der Publikation “Islamrechtliche Fragestellungen in der Akutmedizin”, die am Dienstag von der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) an der Frankfurter Goethe-Universität veröffentlicht wurde. Kurnaz und der Bochumer Oberarzt Assem Aweimer befassen sich darin mit Fragen wie: Muss im Islam alles Menschenmögliche getan werden, um einen kranken Menschen am Leben zu erhalten? Wann dürfen muslimische Patienten auf lebenserhaltende Maßnahmen verzichten? Welche Behandlungsmethoden sind aus islamrechtlicher Sicht für Muslime zulässig?
Bislang gebe es in der islamischen Theologie und der Islamwissenschaft nur vereinzelt Studien, die sich solchen medizinethischen Fragen widmen. “Eine Auseinandersetzung aus islamtheologischer Warte mit Fragen zu modernen medizinischen Therapiemaßnahmen steckt noch in den Anfängen”, hieß es.
Die muslimische Gemeinschaft fordere hingegen meist klare Anweisungen: Entweder solle etwas eindeutig erlaubt oder verboten sein – und nur eine Lösung solle als die islamische gelten. Die Autoren weisen nun darauf hin, dass es in der muslimischen Tradition stets eine Meinungsvielfalt gebe. Das sei noch zu wenig bekannt. Die Publikation wolle einen Grundstein für den Austausch zwischen medizinischer Praxis und Forschung sowie den islam-theologischen Wissenschaften im deutschsprachigen Raum legen.
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