Berlin (KNA) Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz hat das rechtliche Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften in Deutschland verteidigt. Das Modell einer Trennung bei gleichzeitiger Kooperation habe eine “religiöse Aufladung” politischer Fragen, wie es sie in laizistischen Staaten gebe, weitgehend verhindert, sagte der Vize-Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion am Freitag in Berlin.
Bei einer Tagung über “Religionspolitische Reformperspektiven für die Kirchen” verwies er auf Massendemonstrationen in Frankreich, die sich gegen politische Reformen zugunsten homosexueller Menschen richteten.
Von Notz, der einer von drei Religionsbeauftragten seiner Fraktion ist, wandte sich dagegen, das deutsche Staats-Kirchen-Verhältnis wegen des Umgangs der Kirchen mit Fällen sexualisierter Gewalt infrage zu stellen. Missbrauch sei etwa in der katholischen Kirche ein weltweites Problem – auch in Ländern, in denen Religionsgemeinschaften einen ganz anderen rechtlichen Status haben. Zugleich betonte er, die Forderungen an die katholische Kirche zu einer nachdrücklicheren Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und einer Reform ihres besonderen Arbeitsrechtes seien berechtigt.
Der Luzerner Staatskirchenrechtler Adrian Loretan hob hervor, die katholische Kirche habe Jahrhunderte lang wesentliche Beiträge zur Entwicklung parlamentarischer und demokratischer Regierungsformen geleistet. Diese Rechtstraditionen habe Papst Pius IX. jedoch mit dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869-1870) “über Bord geworfen”. Als revolutionär würdigte Loretan die Entscheidung von Papst Franziskus, auch Spitzenfunktionen im Vatikan für Frauen zu öffnen.
Der Berliner Staatsrechtler Christian Waldhoff verwies darauf, dass die Zusammenarbeit von Staat und Religionsgemeinschaften in Deutschland zu Veränderungen auf beiden Seiten geführt habe. So habe der Staat zur Etablierung von islamischem Religionsunterricht anstelle von kirchenähnlichen Kooperationspartnern Beiräte mit Vertretern muslimischer Organisationen akzeptiert. Bei diesen habe es im Gegenzug zu mitgliederschaftlichen Strukturen geführt, die in ihrer religiösen Tradition “nicht angelegt” gewesen seien.
Der Staatskirchenrechtler Ansgar Hense (Bonn/Dresden) nannte es eine “ständige Aufgabe”, die Grenzen der Kompetenzen von Staat und Religionsgemeinschaften auszuloten.
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