Grenzen habe den Geruch des Provinziellen, des Gestrigen. Dem Kosmopolitischen und dem Globalen, dem lebenslangen Lernen und der ständigen Selbstoptimierung, der fluiden Persönlichkeit und der weit ausgreifenden Vernetzung scheinen die Zukunft zu gehören. Seit einigen Jahren jedoch zeigt der Entgrenzungsoptimismus, den es in vielen Schattierungen gibt, einige Risse. Im Blick auf die einzelne Person problematisiert die Aufmerksamkeit für „Grenzüberschreitungen“ Eingriffe in die individuelle Selbstbestimmung bis hin zur Verletzung der physischen, psychischen und geistlichen Integrität eines Menschen. In kollektiver Hinsicht führt ein nahegerückter Krieg die konstitutive Rolle territorialer Grenzen für das internationale System und den Frieden vor Augen. Und auch die ununterbrochene mediale Erreichbarkeit und Durchlässigkeit offenbaren in individueller Überforderung wie in kollektiven Empörungs-wellen problematische Seiten. Die Ringvorlesung des Wintersemesters 2022/23 will exemplarische Dimensionen der neuen Grenzsensibilität zwischen erhoffter Identitätssicherung, bleibender Konnektivität und ambivalenter Abgrenzung nachgehen.
16. November 2022: Heilige Grenzen? Islamische Theologie und biblische Exegese im Gespräch
Prof. Dr. Serdar Kurnaz, Professor für Islamisches Recht in Geschichte und Gegenwart an der Humboldt Universität Berlin. Prof. Dr. Christian Frevel, Professor für Altes Testament an der Ruhr-Universität Bochum und Außerordentlicher Professor an der University Pretoria.
14. Dezember 2022: Al-Aqsa oder Tempelberg: Der ewige Kampf um Jerusalems heilige Stätten
Dr. Joseph Croitoru, Historiker, Kunsthistoriker und Judaist, arbeitet als freier Journalist für die FAZ sowie u.a. den Spiegel und die taz. Autor mehrerer Bücher, u.a. „Die Deutschen und der Orient. Faszination, Verachtung und die Widersprüche der Aufklärung“
18. Januar 2023: Die Ukrainekrise als Krise der internationalen Zusammenarbeit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts
Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, Leiterin des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung und geschäftsführende Sprecherin des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt, Goethe-Universität, Frankfurt am Main.
01.02.2023: Taktiken der Entnetzung. Über Medienverzicht, Stille und kommunikative Grenzen.
Prof. Dr. Guido Zurstiege, Professor für Medienwissenschaft (Schwerpunkt Empirische Medienforschung), stell-vertretender Geschäftsführer des Instituts für Medienwissenschaften, Eberhard Karls Universität Tübingen
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