Der Friede sei mit Ihnen!
Liebe muslimische Gläubige,
zum diesjährigen Ramadan und zu dem sich anschließenden Fest des Fastenbrechens sende ich Ihnen im Namen der Deutschen Bischofskonferenz und der katholischen Gläubigen in unserem Land die besten Glück- und Segenswünsche.
Vor 60 Jahren hat das Zweite Vatikanische Konzil ein neues Kapitel der christlich-muslimischen Beziehungen aufgeschlagen: „Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten“, stellte die Konzilserklärung Nostra aetate wertschätzend fest. Betont wurde außerdem: Muslimische Gläubige legen „Wert auf sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durch Gebet, Almosen und Fasten“. Damit wurde das, was Christen und Muslime – ungeachtet aller Unterschiede – auch spirituell miteinander verbindet, in den Fokus gerückt. Bis heute entfaltet die Erklärung Nostra aetate unter Katholikinnen und Katholiken weltweit ihre Wirkung, wenn es darum geht, den Dialog zwischen Christen und Muslimen zu fördern und zu vertiefen.
Es ist eine schöne Fügung, dass sich in diesem Jahr der muslimische Fastenmonat und die christliche Fastenzeit fast vier Wochen lang überschneiden. Christliche und muslimische Gläubige können daher gleichzeitig erfahren, dass Fastenzeiten Zeiten der Umkehr sind: Der fastende Mensch besinnt sich erneut auf Gott, sucht die Nähe seines Schöpfers im Gebet, zeigt sich solidarisch mit den Bedürftigen, übt sich in Nächstenliebe. Auf diese Weise stellt das Fasten nicht einfach nur einen Verzicht dar, sondern kann uns einen unverstellten Blick auf das Wesentliche in unserem Leben eröffnen.
Ein viel zitierter Hadith besagt: „Wer im Ramadan mit Glauben und in der Erwartung von Gottes Lohn fastet, dem werden seine vergangenen Sünden vergeben“ (Sahih al-Bukhari, Nr. 38). Diese Worte drücken eine tiefere Dimension des Fastens aus: Es reinigt die Seele und ermöglicht einen Neuanfang. So kann auch die Einsicht wachsen, dass wir als gläubige Menschen dazu berufen sind, dem Frieden zu dienen. Der Friede ist eine anspruchsvolle Herzensarbeit. Für echten Frieden bedarf es letztlich einer Haltung der Großherzigkeit. Das Fasten – als Übung des Herzens – kann uns helfen, unseren Blick zu weiten und neue Wege des Miteinanders zu finden.
Dabei können wir dankbar sein, wenn es gelingt, den Weg des Fastens mit Freude und Demut zu beschreiten. Im Matthäus-Evangelium mahnt Jesus: „Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler! … dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten“ (Mt 6,16.18). Die Gewissheit, dass Gott auch das Verborgene sieht, ist Christen und Muslimen gemeinsam. Sie lässt uns hoffen, dass die Saat des Friedens auch im Kleinen und Verborgenen wachsen kann – wie ein Senfkorn, das klein beginnt, aber schnell zur hohen Pflanzen wird.
Wir leben in Zeiten, die von Krisen und Konflikten geprägt sind. Auch in unserem eigenen Land bedrücken uns Tendenzen der Polarisierung und Ausgrenzung. Umso mehr bedürfen wir einer Perspektive der Zuversicht. Für die katholische Kirche ist das Jahr 2025 – trotz aller Herausforderungen – ein Hoffnungsjahr. Denn wir begehen es als Heiliges Jahr, das unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“ steht. Ganz konkret hat Papst Franziskus für dieses Jahr den Wunsch formuliert, dass es „für alle, Christen wie Nichtchristen, zu einer Gelegenheit wird, auch die Beziehungen zu überdenken, die uns als Menschen und politische Gemeinschaften verbinden; die Logik der Konfrontation zu überwinden und stattdessen die Logik der Begegnung anzunehmen; damit die Zeit, die uns erwartet, uns nicht als verzweifelte Herumirrende vorfindet, sondern als Pilger der Hoffnung, d. h. als Menschen und Gemeinschaften, die sich auf den Weg machen und eine friedliche Zukunft aufbauen“ (Ansprache an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Korps, 9. Januar 2025).
Diesem Wunsch des Papstes schließe ich mich gerne an: Lassen Sie uns gemeinsam mit allen Menschen guten Willens „Pilger der Hoffnung“ werden! Machen wir uns auf, Spaltungen zu überwinden, Kränkungen zu vergeben und dem Gemeinwohl zu dienen! Die Zeit des Fastens öffne unsere Herzen für das Gute und gebe uns die Kraft, einander im Geist der Geschwisterlichkeit zu begegnen!
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien einen gesegneten Ramadan und ein frohes Fest des Fastenbrechens. Möge der allmächtige und barmherzige Gott Ihr Fasten und Ihre Gebete annehmen!
Ihr
Bischof Dr. Georg Bätzing
Die Grußbotschaft finden Sie als PDF hier
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