Liebe Leserinnen und Leser,
CIBEDO, die Christlich-Islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle, existiert seit 40 Jahren. Sie wurde gegründet, um die Impulse des Zweiten Vatikanischen Konzils für den interreligiösen Dialog aufzunehmen und umzusetzen, damit es bei der so notwendigen Verständigung zwischen Christen und Muslimen nicht nur bei schönen Worten und Gesten bleibt, sondern auch Taten und konkrete menschliche Begegnungen folgen. Ihre Themen- und Arbeitsfelder haben sich seit der Gründung der Arbeitsstelle kontinuierlich ausdifferenziert und weiterentwickelt. Die Aktualität, Wichtigkeit und Brisanz des Gesprächs zwischen Christen und Muslimen haben sich seitdem nicht geändert. Im Gegenteil – Menschen mit unterschiedlichen religiösen Wurzeln, gerade auch Wurzeln im Islam, sind nach Deutschland gekommen und heimisch geworden. Heute gibt es hier viele unterschiedliche Traditionen, die meist friedlich zusammenleben – oft in einem produktiven Miteinander, manchmal aber auch in einem destruktiven Gegeneinander. Von daher ist der Dialog zwischen Menschen verschiedener Glaubenswelten sowie kultureller und ethisch-moralischer Vorstellungen nicht nur von Interesse für Anhänger von Christentum und Islam, sondern auch für weite Teile der übrigen Gesellschaft. Dabei hat eine wertschätzende, wohlwollende und friedliche Beziehung gerade zwischen Christen und Muslimen erheblichen Einfluss auf den Rest der Gesellschaft.
Angesichts des aufkommenden Populismus und lauter werdender Nationalismen, die deutliche Auswirkungen auf das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher religiöser Traditionen haben, sind die Worte von Bundespräsident Dr. Walter Steinmeier am 22. August 2018 bei einem „Gespräch mit Bürgern aus der Nachbarschaft“ ein wohltuendes
Zeichen: „Es gibt keine halben oder ganzen, keine Bio- oder Passdeutschen. (…) Es gibt keine Deutschen auf Bewährung, die sich das Dazugehören immer neu verdienen müssen – und denen es bei angeblichem Fehlverhalten wieder weggenommen wird.“ Diese Selbstverständlichkeit hervorzuheben, die heute nicht selbstverständlich erscheint, ist eine deutliche Ansage an die Adresse all der jenigen, die Diskriminierung und Rassismus statt Verständigung befördern. Gerade Angehörige von Religionsgemeinschaften, die sich transnational und transkulturell verstehen, sollten es sich verbieten, eine Nation oder Kultur triumphalistisch über alle anderen zu stellen. Es geht um eine gegenseitige Haltung der „Hochachtung“, wie in Nostra aetate gemahnt wird, die eine positive und wertschätzende Einstellung gegenüber anderen Kulturen und religiösen Traditionen aus einer inneren Überzeugung pflegt. Das ist keine Aufgabe nur für Spezialisten, sondern betrifft alle und nimmt sie in die Pflicht!
Die katholische Kirche „will fortfahren, Brücken der Freundschaft mit den Anhängern aller Religionen zu bauen, mit dem Ziel, das echte Wohl jedes Menschen und der Gesellschaft im Ganzen zu suchen“, wie es einmal Papst Benedikt XVI. formulierte. Das ist eine anspruchsvolle Selbstverpflichtung, für deren Umsetzung tagtäglich viele Menschen arbeiten, so beispielsweise die Dialog- und Islamr eferenten der einzelnen (Erz-)Bistümer und Einrichtungen wie CIBEDO. Jede und jeder Einzelne ist eingeladen, seinen Beitrag dazu zu leisten und sich dafür zu engagieren. Nicht mehr interreligiöser Dialog ist schädlich, sondern das Gegenteil!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Lektüre!
Ihr Dr. Timo Güzelmansur
Inhalt
Studien
Ein Plädoyer für mehr interreligiöse Kompetenz. Anmerkungen zum christlich-islamischen Dialog im pastoralen Kontext
Timo Güzelmansur
Einladung zum interreligiösen Lernen? Die Darstellung von Judentum und Islam in Schulbüchern für den katholischen Religionsunterricht
Lisa-Marie Mansfeld/Clauß Peter Sajak
Das laizistische Frankreich und seine Muslime. Beobachtungen im Anschluss an ein Interview von Präsident Macron
Hans Vöcking MAfr
Dokumentation
Diplomatie und Dialog als priesterlicher Dienst. Ein Nachruf auf Jean-Louis Kardinal Tauran
Christian W. Troll SJ
Christen und Muslime: Vom Wettstreit zur Zusammenarbeit
Botschaft des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog, 20. April 2018
„Ein leidenschaftlicher Glaube weiß, dass er Verantwortung trägt“
Grußbotschaft von Bundespräsident Steinmeier zum Fest des Fastenbrechens, 13. Juni 2018
„Es darf keinen Ort geben, an dem die menschliche Würde nicht respektiert wird“
Grußbotschaft des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum Ramadan 2018
„Mit religiösem Sachverstand und aller Glaubenskraft den Herausforderungen unserer Zeit begegnen“
Grußwort zum Ramadan 2018 von Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der EKD
Berichte
Ceurabics. Ein Mosaik interreligiöser und interkultureller Aktivitäten in Wien
Laura Plochberger und Pia Razenberger
The Concept of Scripture and the Concept of Doctrine in Judaism, Christianity and Islam. Tagung des KCID, 18.–20. April 2018
Katja Thörner
„Das Ende des Krieges ist noch nicht der Anfang des Friedens“. 30 Jahre Christlich-Islamische Tagung am Pfingstfest
Ralf Lange-Sonntag
Sommerakademie von OCCURSO zu Religionsfreiheit. Universität München, 10.–13. Mai 2018
Martin Rötting
Europa im Angesicht konfliktiver religiöser Pluralität. Tagung an der Universität Innsbruck, 24.–25. Mai 2018
Michaela Neulinger, Daniel Spitzenstätter und Marie-Luisa Frick
Angekommen! Angenommen? Integration wagen! Kongress in Schwäbisch Gmünd, 10.–12. Juni 2018 Kuno Kallnbach
„Wir können nicht in die Seele schauen“. Tagung „Konversion zum Christentum“, Münster, 11. und 12. Juni 2018
Christian Müller
Muslimische Wissenschaftlerinnen stellen ihre Forschung vor. Tagung der ELKB, Vierzehnheiligen, 22. 24. Juni 2018
Alexandra Morath
Das Berliner Neutralitätsgesetz auf dem Prüfstand. Bericht zur aktuellen Debatte
Sebastian Prinz
Buchbesprechungen
Kaiser, Susanne: Die neuen Muslime. Warum junge Menschen zum Islam konvertieren
Magali Dietrich
Gharaibeh, Mohammad: Einführung in die Wissenschaften des Hadith, seine Überlieferungsgeschichte und Literatur
Florian Jäckel
Literaturhinweise
Zeitschriftenschau