Jerusalem (KNA) Muslime und Christen hatten in frühmuslimischer Zeit möglicherweise entspanntere Beziehungen, als bisher angenommen. Anlass für diese Hypothese von Archäologen der Universität Haifa ist der Fund eines Bronzegewichts mit einer versiegelten Kreuzdarstellung in der antiken Stadt Hippos (Susita) in den Golanhöhen, wie israelische Medien am Mittwoch berichteten.
Das 4,3 mal 4,5 Zentimeter große und 170 Gramm schwere Gewicht aus dem 6. Jahrhundert wurde demnach im Boden des Weinguts einer byzantinischen Kirche gefunden. Verziert ist es mit einer Darstellung der Grabeskirche in Jerusalem sowie dem Golgathahügel als Kreuzigungsstelle. Eine weitere Verzierung, ein Kreuz auf einem halbkreisförmigen Fuß aus Silber- und Kupferintarsien, ist von einer Blei- und Zinnschicht verdeckt.
Nach Einschätzung des Haifaer Archäologen Michael Eisenberg wurde die Kreuzverzierung absichtlich versiegelt, um einen weiteren Gebrauch des Gewichts unter der neuen islamischen Herrschaft zu ermöglichen. Für die Theorie spreche, dass Teile der silbernen Intarsien unter dem Siegel entfernt wurden, offenbar um das Gewicht von sechs Unzen zu erhalten. Auch die unterschiedlichen Schmelztemperaturen der verwendeten Metalle sprächen gegen eine zufällige Verschmutzung.
An dem Gewicht zeige sich die feine Linie “zwischen einer beträchtlichen kulturellen und religiösen Freiheit” und dem Punkt, an dem ein muslimischer Beamter gezwungen war, ein ausdrücklich christliches Symbol unkenntlich zu machen, so Eisenberg laut dem Sender “Arutz Scheva”. Bisherige Funde in Hippos hätten keine Beweise für Zerstörungen durch die frühislamischen Eroberer erbracht, was für eine relative Toleranz der neuen Herren gegenüber den Christen spreche.
Susita wurde schon vor Beginn der christlichen Zeitrechnung gegründet und bestand etwa 1.000 Jahre lang. Die meisten Bauwerke stammen aus der römischen Periode. Die Stadt, 350 Meter über dem See Genezareth am östlichen Steilhang des Golan gelegen, befand sich in ständiger Feindschaft mit der jüdischen Stadt Tiberias am Westufer des Sees. Im fünften Jahrhundert traten die Bewohner Susitas zum Christentum über und errichteten prunkvolle Kirchen. Bei den Grabungen wurden Überreste von mindestens sieben Kirchen gefunden. Auch nach der muslimischen Eroberung im siebten Jahrhundert blieb die Stadt christlich. Nach der völligen Zerstörung der Stadt durch ein schweres Erdbeben im Jahr 749 kehrten ihre Bewohner nicht mehr zurück.
(KNA – skrll-89-00120)