Berlin (KNA) Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften Asylbewerber auf, die von Abschiebung bedroht sind. Schon aus dem vierten Jahrhundert ist bekannt, dass Flüchtlinge in Kirchen Schutz suchten. Mit der Entwicklung rechtsstaatlicher Systeme verlor das Kirchenasyl an Bedeutung und wurde im 18. und 19. Jahrhundert in den meisten Ländern abgeschafft. Kirchlicherseits gibt es seit dem neuen Kirchenrecht 1983 offiziell kein Kirchenasyl mehr.
Wer heute in der Bundesrepublik Kirchenasyl gewährt, verstößt nach einhelliger Rechtsauffassung gegen geltendes Recht. Die Mehrzahl der Schutzsuchenden sind zudem sogenannte Dublin-Fälle, die eigentlich in das EU-Ersteinreiseland zurückgeschickt werden müssten, um dort Asyl zu beantragen. Läuft jedoch die Überstellungsfrist – bislang sechs Monate – ab, ist Deutschland für den Asylantrag zuständig.
Die Behörden können rein rechtlich Flüchtlinge aus Gemeinderäumen und Kirchen holen lassen. Dennoch bezeichnen die Kirchen in Deutschland das Kirchenasyl als “Beitrag zum Erhalt des Rechtsfriedens und der Grundwerte unserer Gesellschaft”.
Eine im August 2015 veröffentlichte Handreichung der katholischen Bischöfe spricht vom Kirchenasyl als letzter Möglichkeit (“ultima ratio”) und mahnt zu einem sehr sorgfältigen Umgang mit diesem “kostbaren Gut”. Es handle sich um eine “Form des gewaltlosen zivilen Ungehorsams”, heißt es in dem Papier.
2015 hatten sich die Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zudem auf eine neue Form der Zusammenarbeit bei Fällen von Kirchenasyl geeinigt. Kirchen und Bamf benannten Ansprechpartner, um Härtefälle zu prüfen. Zuletzt hatte sich laut den Gemeinden jedoch der Austausch mit dem Bundesamt verschlechtert und die Kritik an den Kirchen war wieder lauter geworden. Ab 1. August kann die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert werden, wenn die Gemeinden bestimmte Vorgaben nicht einhalten.
(KNA – sksml-89-00002)