Jerusalem (KNA) Der Dialog zwischen Juden und Katholiken darf nach Worten des Leiters des Lateinischen Patriarchats in Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, nicht beim Austausch unter Freunden stehenbleiben. “Wir müssen den katholisch-jüdischen Dialog in einer Weise verändern, dass er eine Wirkung hinterlässt und einen religiösen Beitrag leistet”, sagte der Italiener am Dienstagabend bei einer Podiumsdiskussion mit Rabbiner David Rosen in Jerusalem zu “Erfolgen und Herausforderungen des katholisch-jüdischen Dialogs in Zeiten von Papst Franziskus”.
Die persönliche Note von Papst Franziskus sei ein starker pastoraler Zugang, der nicht weniger wichtig sei als der theologische, so Pizzaballa. Diese Haltung der “Kirche, die hinausgeht” müsse ihren Niederschlag auch im katholisch-jüdischen Dialog finden.
Während die Kirche lange sich selbst ins Zentrum gestellt habe als diejenige, die für andere Sorge trage, stelle Papst Franziskus den Anderen ins Zentrum. “Diese neue Haltung muss den Dialog beeinflussen und neue Themen hineinbringen”, so Pizzaballa. “Wir müssen eine dritte Dimension außerhalb unserer selbst finden, die uns eint.” Mögliche gemeinsame Themen könnten unter anderem die Sorge für die Schöpfung, ein religiöser Zugang zu Menschenrechten oder der Kampf gegen jede Form von Rassismus sein.
Eine der großen Herausforderungen für den katholisch-jüdischen Dialog liegt laut Pizzaballa in einer “gewissen Dialogmüdigkeit”. Die jetzige Generation sei mit den bahnbrechenden Veränderungen in den jüdisch-katholischen Beziehungen nach dem Konzilsdokument “Nostra Aetate” aufgewachsen und sehe den islamisch-christlichen Dialog als dringender an.
Rabbiner David Rosen bezeichnete die Errungenschaften im katholisch-jüdischen Verhältnis seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) als “unvergleichlich in der Geschichte der Menschheit”. Gleichzeitig widersprach er Pizzaballa in dessen Interpretation der Dialogmüdigkeit. “Gerade weil die junge Generation weder Zeugen der katastrophalen Beziehungen noch der unglaublichen Veränderungen war, herrscht eine große Unkenntnis”, so der ehemalige irische Oberrabbiner. Eine entsprechende Bildung sei daher ein zentrales Anliegen.
Als “Elefanten im Raum” des Dialogs bezeichnete Rosen den israelisch-palästinensischen Konflikt. Dieser dürfe auch angesichts einer palästinensisch-katholischen Ortskirche im Dialog nicht ignoriert werden, auch wenn dies zu Spannungen führe. Gleichzeitig dürfe man keiner Seite erlauben, den katholisch-jüdischen Dialog als Geisel dieses Konflikts zu nehmen oder ihn politisch zu instrumentalisieren.
Der Konflikt dürfe weder ausgeschlossen noch zum einzigen Kriterium des Dialogs gemacht werden, betonte auch Pizzaballa in dem Gespräch. Hier komme es im Gespräch der Orts- mit der Universalkirche zu Schwierigkeiten, da für die arabisch-palästinensische Ortskirche jeder Dialog mit Juden eine offene Wunde darstelle.
(KNA - tklmt-89-00219)