München (KNA) Julia Wöllenstein, Buchautorin und Gesamtschullehrerin, hat sich für den Verzicht auf christlichen Religionsunterricht in der Schule ausgesprochen. Einen islamischen Religionsunterricht würde sie “gar nicht erst einführen”, sagte sie im Interview der “Süddeutschen Zeitung” (Donnerstag). Es brauche vielmehr einen “gemeinsamen Unterricht, in dem alle Schüler über Glauben, Normen und Werte sprechen. Einen Unterricht, der verbindet statt zu trennen.”
Wöllensteins Buch “Von Kartoffeln und Kanaken. Warum Integration im Klassenzimmer scheitert” ist vor kurzem erschienen. Die Autorin unterrichtet an der Kasseler Carl-Schomburg-Schule und hat einen Lehrauftrag für ästhetische Bildung an der Universität Kassel. Lehrern fehle der politische Rückhalt, damit Integration gelingen könne, kritisierte sie. “Beispiel Gleichberechtigung: Würde der Staat Zuwanderern von Anfang an deutlich machen, dass bei uns alle Schüler an Klassenfahrten teilnehmen, dann müsste ich nicht ständig mit Eltern diskutieren, ob ihre Töchter mitdürfen.”
Die Trennung zwischen Staat und Religion sei “in der Schule nicht klar genug”, fügte die Autorin hinzu. Ein klares Zeichen dafür könnte ein Kopftuchverbot für Schülerinnen unter 16 Jahren sein. Sie bekämen “mit dem Kopftuch die Verantwortung für Sexualität aufgelastet”, erklärte Wöllenstein. Die betroffenen Schülerinnen sagten ihr beispielsweise: “‘Wenn ich ohne Kopftuch rausgehe und mir dann etwas passiert, bin ich selber schuld.’ Mädchen sollten aber nicht durch Verhüllen signalisieren müssen, dass sie sexuell nicht verfügbar sind.”
Probleme bei der Integration muslimischer Schüler gebe es nicht, weil sie Muslime seien, betonte die Pädagogin weiter. Es gehe vielmehr um die “patriarchale Struktur, die in vielen muslimischen Elternhäusern noch herrscht, besonders in Familien aus arabischen Ländern, weil da die Gesellschaft so strukturiert ist.” Bisweilen gebe es indes “Schüler, die ihre Religion vor sich hertragen” und etwa andere aufforderten, kein Schweinefleisch mehr zu essen oder die andere nicht essen sehen wollten, weil sie selbst im Ramadan fasteten.
(KNA – tkolr-89-00283)