Berlin (KNA) Nach Einschätzung der Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) wird antimuslimischer Rassismus in öffentlichen Debatten zu wenig thematisiert. “Wenn muslimische Frauen mit Kopftuch angegriffen oder Moscheen geschändet werden, ist der Aufschrei relativ schwach, dabei passiert es täglich”, kritisierte Chebli (41) am Dienstag im Interview der Katholischen Nachrichten Agentur (KNA).
In der Berichterstattung oder in der Politik fehle “die notwendige Sensibilität. Nach dem Motto: Muslime, das sind doch die Täter, sie können ja nicht Opfer sein. Viele Muslime fühlen sich heute in Deutschland alleingelassen. Das ist meine Wahrnehmung aus der muslimischen Community.”
Natürlich gebe es “Entwicklungen in der islamischen Welt, die ich ablehne und kritisiere”, so Chebli weiter. “Heute haben Terroristen meine Religion gehijackt. Sie dominieren das Bild des Islam. Das macht mich traurig und wütend”, betonte die Muslimin mit palästinensischen Wurzeln. Sie warb für einen stärkeren Zusammenhalt der Religionsgemeinschaften. “Ich freue mich, wenn ich Menschen begegne, die religiös sind und praktizieren”, sagte sie. “Mich macht es traurig zu hören, dass die Kirchen leerer werden, dass immer weniger Menschen in die Kirche gehen.”
Die Politikerin warb für eine allgemeine Toleranz gegenüber religiösen Bräuchen. “Ich möchte nicht, dass wegen mir als Muslima das Weihnachtsfest zum neutralen Festtag wird. Ich möchte keine Umbenennungen oder auch nicht, dass zwanghaft verzichtet wird”, sagte sie mit Blick auf Berliner Schulen, die aus Rücksicht auf die multikulturelle Schülerschaft statt einer Weihnachtsfeier ein Lesefest anbieten. “Ich finde es schön, wenn man bestimmte Traditionen wahrt. Es schadet Kindern nicht. Im Gegenteil: Es ist eine Bereicherung, andere Kulturen und Traditionen kennenzulernen. Man kann dann ja auch zum Zuckerfest zusammen etwas machen oder zu Chanukka und vielleicht stärker auch die anderen Feiertage mitbeachten.”
Weiter sprach sich Chebli für stärkere Allianzen zwischen Juden und Muslimen aus. “Gerade, wenn wir sehen, wie stark die Angriffe auf unsere Demokratie, auf Juden und Muslime sind, müssen wir stärker zusammenstehen. Religion ist für mich eine verbindende und friedensstiftende Kraft. Religiöse Menschen sollten sich zusammentun und als Vorbilder agieren für diese Gesellschaft.”
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